Politik

Der Kriegstag im Überblick Putin empfängt Österreichs Bundeskanzler - 1222 Leichen in Region um Kiew entdeckt

In Mariupol geht die Schlacht weiter. Für Selenskyj ist die Hafenstadt "das Herz dieses Krieges".

In Mariupol geht die Schlacht weiter. Für Selenskyj ist die Hafenstadt "das Herz dieses Krieges".

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Nach seiner Reise nach Kiew wird der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer als erster westlicher Regierungschef nach Kriegsbeginn auf Kreml-Chef Putin treffen. Nach dem grausigen Massaker in Butscha hat die ukrainische Staatsanwältin Iryna Wenediktowa angegeben, dass im Gebiet rund um Kiew bislang mehr als 1200 Leichen entdeckt wurden. Derweil geht der Kampf um Mariupol weiter, den Selenskyj als kriegsentscheidend bezeichnet hat. Der 46. Kriegstag im Überblick.

Nehammer reist am Montag nach Moskau

Als erster westlicher Regierungschef nach Kriegsbeginn wird der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer am Montag mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammentreffen. Österreichs Regierungssprecher Daniel Kosak bestätigte das der Deutschen Presse-Agentur. Bundeskanzler Nehammer werde über die Türkei nach Moskau fliegen. Dort sei für Montagnachmittag ein Gespräch mit Putin geplant. Unter anderem wolle Nehammer mit Putin über die Kriegsverbrechen der russischen Armee sprechen. Aus dem Umfeld des österreichischen Kanzlers hieß es, er agiere abgestimmt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz. Damit widersprach Österreich anderslautenden Darstellungen über Verärgerung in der Ukraine. "Wir waren in Butscha. Wir haben die Kriegsverbrechen gesehen und Kanzler Nehammer wird sie benennen gegenüber Präsident Putin", verlautete das Kanzleramt in Wien. Währenddessen mehren sich die Rufe der Union nach einer Kiew-Reise des Bundeskanzlers. Scholz selbst hat darauf bislang noch nicht reagiert.

Scholz und Selenskyj telefonieren zu "antirussischen" Sanktionen

In einem Telefonat hat Scholz dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj allerdings die volle Unterstützung zugesagt. Die Ukraine fordert vor allem ein Energieembargo gegen Russland und mehr Waffen aus Deutschland. Dem Ruf nach strengeren Strafmaßnahmen wurde bislang in diesen beiden Punkten nicht gefolgt. Selenskyj schrieb nach dem Telefonat auf Twitter, dass er mit Scholz auch über "antirussische Sanktionen, Verteidigungs- und finanzielle Unterstützung für die Ukraine" gesprochen habe.

Flughafen der ukrainischen Industriestadt Dnipro zerstört

Russland setzt seine Raketenangriffe vor allem in den östlichen Gebieten der Ukraine fort. In der Industriestadt Dnipro wurde nach ukrainischen Angaben der Flughafen komplett zerstört. Dieser existiere nicht mehr, schrieb der regionale Verwaltungschef Walentyn Resnitschenko auf Telegram. "Der Flughafen selbst und die Infrastruktur in der Nähe wurden zerstört. Und die Raketen fliegen und fliegen." Wie viele Opfer es gibt, ist bislang unklar. Laut der ukrainischen Parlamentsabgeordneten Lesia Vasylenko wurde der Flughafen erst im letzten Jahr komplett renoviert. "All die Investitionen und alle Bemühungen wurden komplett zunichtegemacht", schrieb sie auf Twitter.

Auch ein Infrastrukturobjekt in dem Ort Swonezke sei am heutigen Sonntag getroffen worden, teilte Resnitschenko mit. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, in Swonezke im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und die Basis des ukrainischen Bataillons Dnipro vernichtet worden.

Berichte über tote Zivilisten im Osten - Schlacht um Mariupol kriegsentscheidend laut Selenskyj

Die ukrainische Militärverwaltung meldete, durch Beschuss in der Region Donezk und im Gebiet Charkiw seien mehrere Zivilisten getötet und weitere verletzt worden. Russische Truppen hätten 66 Artillerieangriffe in mehreren Gebieten, etwa in der Stadt Derhatschi ausgeführt. "Wie Sie sehen können, 'kämpft' die russische Armee weiterhin mit der Zivilbevölkerung, weil sie an der Front keine Siege errungen hat", sagte der Gouverneur von Charkiw, Oleh Synjehubow. Zerstört worden seien auch auf dem Militärflugplatz der Garnisonsstadt Tschuhujiw im Gebiet Charkiw Startkomplexe des Luftabwehrsystems S-300 sowie in der Ostukraine mehrere Drohnen, zwei Munitions- und drei Treibstofflager. Insgesamt seien 86 Objekte innerhalb eines Tages getroffen worden. Ukrainische Kräfte hätten bei Angriffen auf russische Truppen 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört. Nach russischen Angaben sollen mehr als 700.000 Menschen aus den Separatistengebieten Donezk und Luhansk und anderen Regionen nach Russland geflohen sein. Überprüfbar sind die Angaben der Kriegsparteien nicht.

In der Hafenstadt Mariupol dauerten die Gefechte ebenfalls an. Selenskyj hat den Kampf um die ukrainische Stadt für entscheidend für den weiteren Kriegsverlauf bezeichnet. Im Interview mit der Nachrichtenagentur AP erklärte Selenskyj, dass der Ausgang der Schlacht um die belagerte Hafenstadt die Richtung im bevorstehenden Kampf um die Region im Donbass angeben wird. "Mariupol ist das Herz dieses Kriegs. Wenn es aufhört zu schlagen, werden unsere Positionen schwächer sein."

Ukraine spricht von mehr als 1200 Toten "allein in der Region Kiew"

Im Dorf Busowa westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew wurden Dutzende tote Zivilisten in einem Massengrab "nahe der Tankstelle" entdeckt. Das erklärte der Gemeindevorsteher Taras Didytsch in der Nacht zum Sonntag im ukrainischen Fernsehen. Die Meldung kam kurz vor der Ankündigung der ukrainischen Staatsanwältin Iryna Wenediktowa, die gegenüber dem britischen Sender Sky News von 1222 geborgenen Toten "allein in der Region Kiew" sprach. Wenediktowa will zudem Ermittlungen zu 5600 mutmaßlichen Kriegsverbrechen gegen 500 Verdächtige aus den Reihen des russischen Militärs und der Regierung in Moskau einleiten, unter ihnen der Kreml-Chef. "Wladimir Putin ist der Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts", sagte Wenediktowa.

Russische Soldaten sollen radioaktives Material gestohlen haben

Die Berichte über Plünderungen russischer Soldaten überschlagen sich, sie sollen etwa gestohlene Waren in die Heimat nach Russland geschickt haben. Auch in der Atomruine in Tschernobyl sollen die Russen Dinge entwendet haben, allerdings dieses Mal laut ukrainischen Angaben 133 hoch radioaktive Substanzen. Bei nicht professioneller Handhabung sei bereits ein kleiner Teil davon tödlich. Der ukrainische Energieminister spricht von einer schockierenden Ignoranz seitens Russland. Zuvor war bereits berichtet worden, dass sich die russischen Soldaten während der Besatzung des AKWs einer gefährlichen Menge der radioaktiven Strahlung ausgesetzt hatten.

Weitere Artikel zum Ukraine-Krieg

Alle weiteren Entwicklungen des Tages können Sie in unserem Liveticker zum Ukraine-Krieg nachlesen.

Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen