Politik

Protest gegen Neonazi-Demo Ramelow wird zu Unrecht kriminalisiert

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(Foto: picture alliance / dpa)

Er ist der erste linke Ministerpräsident des Landes, aber die negativen Schlagzeilen um Bodo Ramelow verschwinden nicht. Jetzt ermittelt ein Gericht gegen den Politiker. Doch das ist ein schwerer Fehler.

Bei den Linken gibt es strenge Regeln. Amt und Mandat sind strikt getrennt. Als neuer thüringischer Ministerpräsident muss Bodo Ramelow sein Landtagsmandat niederlegen. Damit verliert er seine politische Immunität, also den Schutz vor Strafverfolgung. Für Ramelow könnte das bald Konsequenzen haben. Gegen den Linken läuft ein Verfahren wegen seiner Beteiligung an friedlichen Protesten gegen einen Neonazi-Aufmarsch am 13. Februar 2010. Angeblich soll Ramelow eine Blockade gegen die Demo mitorganisiert haben.

Das Verfahren war bereits eingestellt worden, der Einstellungsbeschluss wurde aber wieder aufgehoben, weil Ramelow seine gerichtlichen Auslagen nicht zahlen wollte. Dem Mann, der seit einer Woche der erste linke Ministerpräsident ist, geht es ums Prinzip - und um seine politische Ehre. Das mag kleinlich klingen, ist aber mehr als nachvollziehbar. Denn Ramelow auf diese Weise zu kriminalisieren, ist völlig unangemessen.

Zugegeben: Auch der Rechtsstaat hat strenge Regeln. Die Versammlungsfreiheit ist im Grundgesetz festgeschrieben. Sobald eine politische Kundgebung genehmigt wird, ist sie auch legitim, auch wenn ihre Anmelder politisch fragwürdig sein mögen. Dennoch überschreitet das Recht an dieser Stelle die Grenzen des Absurden. Um das zu verstehen, genügt ein Blick auf die Veranstaltung, um die es geht: Es handelt sich um einen "Trauermarsch" der rechtsextremen Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland anlässlich der Bombardierung Dresdens im Februar 1945. Die Teilnehmer der Demo bezeichnen die Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs gern als "Bombenholocaust" und setzen sie damit mit dem Völkermord der Nazis an rund sechs Millionen Juden gleich.

So etwas ist wirklich schwer zu ertragen. Ramelow ist nicht der erste Linke, der Ärger hat, weil er das nicht akzeptieren mag. Auch sein Parteikollege Andre Hahn war 2010 an den Gegenprotesten in Dresden beteiligt. Eineinhalb Jahre später stimmte im sächsischen Landtag ein bemerkenswertes Bündnis aus CDU, FDP und NPD für die Aufhebung seiner Immunität. Nur: Ist es richtig, Menschen dafür an den Pranger zu stellen, dass sie in Deutschland gegen Neonazis Flagge zeigen? Nein! So viel Zivilcourage verdient eher Respekt.

Stattdessen wird Ramelow durch die Debatte unnötig beschädigt. Dass er sich wehrt, ist nur nachvollziehbar. Ramelow und seine Partei stehen seit Wochen im Zentrum vieler Debatten. Es geht um das Erbe der DDR-Diktatur, um das Verhältnis der Linken zu ihrer Geschichte und ihrer Vergangenheit als SED. Diese Diskussion mahnt die Partei, sie ist richtig und wichtig. Sobald sie keine Grenzen übertritt, für links und rechts müssen dieselben Maßstäbe gelten. Doch genau das ist das Problem: CDU-Politiker diffamieren Ramelow wegen des Gerichtsentscheids bereits öffentlich als Gesetzesbrecher. Das ist abstrus! Die zu verurteilen, die sich Neonazis in den Weg stellen, entspricht schon einem seltsamen Demokratie-Verständnis.

Quelle: ntv.de

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