Scholz und Lindner dagegen SPD macht Stimmung für billigen Industriestrom
03.05.2023, 18:32 Uhr Artikel anhören
Die deutsche Industrie leidet unter den höchsten Strompreisen Europas.
(Foto: picture alliance / Rzepka - Pressefoto)
Weil die hohen deutschen Strompreise der Industrie zu schaffen machen, liebäugeln Teile der Ampel-Koalition mit Milliarden-Subventionen aus der Staatskasse. Kanzler und Finanzminister halten wenig von einem Billig-Tarif, doch bei SPD und Grünen gibt es mächtige Fürsprecher.
In der Ampel-Koalition macht die SPD trotz der Einwände von Kanzler und Finanzminister Druck auf die Einführung eines subventionierten Strompreises für die Industrie. "Ein zeitlich befristeter Industriestrompreis kann eine gute Brücke ins Zeitalter der günstigen Erneuerbaren sein", sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post. "Wir sollten die Idee eines Industriestrompreises nicht vorschnell zu den Akten legen", forderte der sozialdemokratische Haushaltspolitiker. "Ich halte eine Finanzierung über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds durchaus für denkbar." Ähnlich wie bei der Gaspreisbremse gehe es beim Industriestrompreis auch darum, dass deutsche Unternehmen möglichst ohne Schaden durch die Energiekrise kommen.
Schützenhilfe bekam Post von SPD-Chef Lars Klingbeil. Der verbilligte Industriestrompreis müsse "in den nächsten zwölf Monaten" kommen, sagte Klingbeil im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. "Es geht um die Frage, wie der Wirtschaftsstandort Deutschland stark gemacht werden kann", sagte Klingbeil. "Wenn wir in zehn Jahren feststellen, dass wir alle großen Industrieunternehmen haben davon ziehen lassen, dann verlieren wir als Land insgesamt."
Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck kündigte an, das Ressort werde bald einen Vorschlag vorlegen, nannte aber keinen Zeitpunkt. Man müsse die Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität wettbewerbsfähig halten. "Ja, es wird auf diesem Weg eine Phase geben müssen, wo man der Industrie unter die Arme greifen muss", sagte die Sprecherin, ohne Details zu nennen.
Scholz skeptisch, Lindner lehnt ab
Allerdings hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz noch am Montag skeptisch geäußert. Man könne nicht auf Dauer normale wirtschaftliche Tätigkeiten wie die Stromproduktion heruntersubventionieren. Wichtiger sei der rasche Ausbau der Produktion von billigem Ökostrom und der Bau der Stromleitungen nach Süden. In einem Interview mit der "Rhein-Zeitung" sagte Scholz dann am Mittwoch lediglich: "Über vergünstigten Strom für die Wirtschaft müssen wir konkret diskutieren."
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner hatte auf die Vorschläge der Ampel-Partner sehr kritisch reagiert. Im Haushalt gebe es für derartige Pläne keinen Spielraum. In einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" schrieb Lindner, ein Industriestrompreis sei "ökonomisch unklug", ungerecht und widerspreche auch den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft.
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) pocht dennoch auf einen Industriestrompreis in Höhe von vier bis sechs Cent pro Kilowattstunde. Dies sei alternativlos, sagte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Anfang März hatte der Verband noch einen Preis von fünf bis zehn Cent gefordert. In der SPD wiederum gibt es Forderungen nach einer Preisspanne von fünf bis zehn Cent. Hintergrund ist die Sorge, dass Unternehmen wegen der hohen Energiepreise aus Deutschland abwandern.
Quelle: ntv.de, mau/rts/DJ