Neue Regeln für Spähaktionen SPD will Geheimdienst strenger kontrollieren
16.06.2015, 16:21 Uhr
Der BND soll der NSA über Jahre geholfen haben, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die BND-Affäre um angebliche Wirtschaftsspionage für die NSA ist noch lange nicht aufgeklärt. Für die SPD ist aber jetzt schon klar, dass sich die Regeln ändern müssen. Der deutsche Auslandsgeheimdienst soll stärker überwacht werden.
Angesichts der Spähaffäre will die SPD die Telefon- und E-Mail-Überwachung durch den Bundesnachrichendienst (BND) strenger regeln. Derzeit gebe es hier "gravierende technische und organisatorische Mängel", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Insgesamt solle der Geheimdienst aber nicht geschwächt, sondern durch eine präzisere Aufgabenbeschreibung sogar gestärkt werden.
Die Arbeit des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND müsse auf eine "rechtsstaatlich einwandfreie, verfassungsrechtlich ausgewogene und international vorbildgebende Grundlage" gestellt werden, heißt es in einem von Oppermann vorgestellten Eckpunktepapier der SPD-Bundestagsfraktion für eine "grundlegende Reform der Strategischen Fernmeldeaufklärung des BND". Bislang zeige das BND-Gesetz "noch den Geist des analogen Zeitalters", sagte der SPD-Fraktionschef.
Dem 16-seitigen Konzept zufolge will die SPD "Regelungslücken" vor allem bei der Überwachung von Telekommunikation im Ausland schließen. Wirtschaftsspionage "zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen" soll verboten werden, ebenso ein "Ringtausch" von Informationen mit anderen Geheimdiensten. Sonst könnten "rechtsstaatliche Standards ausgehebelt" werden, sagte der SPD-Innenexperte Christian Flisek.
Kontrolleure entscheiden über Abhör-Aktionen
Stärken will die SPD die bislang vierköpfige G10-Kommission des Bundestages. Sie soll mehr Personal bekommen, um die Arbeit der über 6000 BND-Bediensteten besser kontrollieren zu können. Das Gremium entscheidet darüber, in welchen Fällen die Geheimdienste bei ihrer Tätigkeit in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis eingreifen dürfen.
In Zusammenhang mit der Spähaffäre war bekannt geworden, dass der BND im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA womöglich auch deutsche und europäische Bürger und Unternehmen ausspioniert hat. Die NSA hatte dem deutschen Auslandsgeheimdienst eine Liste mit Suchkategorien - sogenannte Selektoren - übermittelt, auf deren Grundlage der BND für ihn Informationen sammelte, die dann teilweise weitergegeben wurden. Um die Veröffentlichung dieser Liste wird in Berlin derzeit erbittert gerungen.
"Rechtsstaat und Grundrechte enden nicht an Deutschlands Grenzen", erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas zu dem Konzept seiner Fraktion. Man müsse die gesamte Tätigkeit des BND einer demokratischen Kontrolle unterwerfen. Der BND habe "in all seinen Tätigkeitsbereichen deutsches Datenschutzrecht einzuhalten", sagte dazu Flisek. In dem Eckpunktepapier wird zum Beispiel kritisiert, US-Spähwünsche seien nicht ausreichend geprüft worden.
Bisher wenig Unterstützung
Oppermann rief den Koalitionspartner CDU/CSU und die übrigen Fraktionen auf, den Vorstoß zu unterstützen. Die SPD habe hierfür "ein Signal setzen" wollen, um die Angelegenheit voranzutreiben. Probleme für die Zusammenarbeit mit den USA, die aus deutscher Sicht unverzichtbar sei, sehe er nicht. Oppermann verwies darauf, dass auch die US-Geheimdienste in Washington strenger parlamentarischer Kontrolle unterlägen.
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer räumte "Versäumnisse" beim BND ein. Allerdings leiste der Geheimdienst insgesamt "gute und wichtige Arbeit" und habe dafür "schon jetzt sehr gute rechtliche Grundlagen". Es sei aber in Ordnung, wenn sich die SPD Gedanken mache, ob man das noch verbessern kann.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte Zweifel, ob sich durch den SPD-Vorschlag sehr viel verändern würde. Beispielsweise sei Wirtschaftsspionage auch heute schon verboten. Ziel müsse aber "eine Neuaufstellung insgesamt" der Sicherheitsorgane sein.
Quelle: ntv.de, hul/AFP