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Rede vor der Generalversammlung Scholz auf schwieriger Mission bei UN in New York

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Der Krieg in der Ukraine wird eines der großen Themen für Scholz in New York sein.

Der Krieg in der Ukraine wird eines der großen Themen für Scholz in New York sein.

(Foto: picture alliance/dpa)

Am Sonntag reist der Bundeskanzler zur UN-Vollversammlung nach New York. Auf der Tagesordnung: der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die globale Klimakrise und die Reform der UNO. Alles keine einfachen Themen. Aber es gibt auch einen Grund zum Feiern.

Auch wenn Politik schon lange keine reine Männerdomäne mehr ist, dass ein Bundeskanzler bei einer wichtigen Auslandsreise gleich vier Frauen an seiner Seite hat, ist doch eher selten. Olaf Scholz wird auf seiner Reise zur UN-Generaldebatte in New York von drei Bundesministerinnen und seiner Ehefrau Britta Ernst begleitet. Außenministerin und Grünen-Politikerin Annalena Baerbock ist bereits in den USA und trifft am Montag in New York auf den Kanzler, Umweltministerin Steffi Lemke, ebenfalls von den Grünen, und Entwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD. Für Britta Ernst ist es eine der wenigen Gelegenheiten, ihren Mann auf einer Dienstreise zu begleiten. Bisher war sie nur einmal dabei, als er im Mai zum G7-Gipfel nach Japan und Südkorea reiste. Zu diesen Gipfeln bringen die Staats- und Regierungschefs für gewöhnlich ihre Ehepartner mit, für die es dann gesonderte Partnerprogramme gibt. Die gibt es bei der UNO nicht. Welche Termine Britta Ernst in New York zusammen mit dem Kanzler wahrnehmen wird, ist noch offen.

Inhaltlich wird der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine diese 78. Vollversammlung dominieren. Solange Russland seine Truppen nicht aus der Ukraine abziehe, könne es "kein business as usual" geben, wie es ein hochrangiger deutscher Regierungsvertreter formuliert. Weder in der Vollversammlung noch im parallel tagenden Sicherheitsrat soll es neue Beschlüsse oder gar neue Sanktionen gegen Russland geben, aber das Thema wird sich wie ein roter Faden durch die Beratungen ziehen und diese Diskussion will Olaf Scholz mitprägen.

Beobachter erwarten, dass er seine Rede in der Generaldebatte nutzen wird, um vor den Augen der ganzen Welt die Brutalität dieses Krieges mit all seinen Folgen zu thematisieren. Womöglich versteht das Kanzleramt diese Rede als Teil eines inoffiziellen Bewerbungsprozesses um einen der nichtständigen Sitze im Sicherheitsrat. Neben Russland, den USA, Frankreich, China und Großbritannien als den fünf ständigen Mitgliedern werden alle zwei Jahre zehn jeweils wechselnde Länder in den Sicherheitsrat gewählt. Für die Jahre 2027/28 bewirbt sich Deutschland um die Aufnahme. Olaf Scholz ist drei volle Tage in New York und wird sicher viele Gelegenheiten haben, für den deutschen Sitz zu werben.

Haftbefehl - Putin darf nicht einreisen

Der russische Präsident wird nicht in New York sein. Wladimir Putin darf wegen eines internationalen Haftbefehls nicht in die Vereinigten Staaten einreisen und wird seinen Außenminister nach New York schicken. Sergej Lawrow, der zu den weltweit Dienstältesten Diplomaten zählt, wird die russische Delegation leiten und in der Generaldebatte sprechen. Gut möglich, dass Lawrow in New York auf den ukrainischen Präsidenten trifft. Altgediente UN-Mitarbeiter beschreiben die Atmosphäre während der Vollversammlung als immer etwas wuselig und leicht chaotisch.

Die Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nutzen die Gelegenheit zu schnellen Treffen mit ihren Kollegen und Kolleginnen. Der Bundeskanzler, der französische Präsident, der US-Präsident, die Ministerpräsidentin von Serbien - alle huschen über die Flure. Immer einen Tross von Diplomaten, Mitarbeitern, Pressesprechern und Personenschützern im Schlepptau. Man kann sich leicht vorstellen, dass sich in diesem Durcheinander plötzlich Sergej Lawrow und Wolodymyr Selenskyj gegenüberstehen. Daran dürften vermutlich weder die russische noch die ukrainische Seite ein Interesse haben, aber man weiß ja nie. Allerdings ist noch gar nicht klar, ob Selenskyj überhaupt nach New York kommt.

Und auch, wenn man es in diesen Zeiten beinahe übersehen könnte, gibt es neben dem Ukraine-Krieg auch andere drängende Probleme, denen sich die Weltgemeinschaft stellen muss: der Klimawandel, die Ernährungskrise vor allem im globalen Süden, anhaltende Flüchtlingsbewegungen, die anstehende Reform der Vereinten Nationen - an Themen mangelt es nicht.

Aus Sicht der Deutschen gibt es aber auch einen Anlass zum Feiern: die 50-jährige Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen. Im September 1973 wurden die beiden deutschen Staaten in die UNO aufgenommen - die Vertreter der Bundesrepublik und der DDR saßen sogar nebeneinander. Fast drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten die Deutschen damit endgültig in die Weltgemeinschaft zurück. Allerdings wurde durch die Platzierung der Diplomaten aus Ost und West in der Vollversammlung auch die Spaltung der Welt in West und Ost deutlich sichtbar.

"Wir zählen auf Deutschland"

Ein halbes Jahrhundert später ist Deutschland einer der Big Player unter den aktuell 193 Mitgliedsstaaten. António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, sparte im Vorfeld dieses Jubiläums nicht mit Lob: "Wir zählen auf Deutschland als wichtigen Partner bei unseren weltweiten Bemühungen, eine gerechtere und friedlichere Zukunft für die gesamte Menschheit aufzubauen."

Das Vertrauen des UN-Chefs spiegelt sich auch darin wider, dass Deutschland mit der Planung eines Meilenstein-Treffens betraut wurde. Auf dem "Zukunftsgipfel" soll im Herbst 2024 die Grundlage für eine umfängliche Neuausrichtung der Vereinten Nationen gelegt werden. Bei 193 Mitgliedsstaaten kann man sich leicht vorstellen, dass das kein einfaches Unterfangen ist. Der reiche Norden, der globale Süden, Kontinente wie Europa mit einer eher älteren Bevölkerung und das überwiegend junge Afrika.

Aber ob arm oder reich, jung oder alt, technisch hochentwickelt oder Entwicklungsland - in der Vollversammlung der Vereinten Nationen hat jedes Land dasselbe Gewicht. Zumindest auf dem Papier. Doch auch wenn das in der Realität manchmal anders aussieht, werden alle Mitglieder gebraucht, um diese Gemeinschaft der Nationen in eine gute Zukunft zu führen. Verantwortlich für den "Zukunftsgipfel" ist die deutsche Botschafterin Antje Leendertse - die erste Frau auf dem New Yorker Chefsessel.

Quelle: ntv.de

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