Politik

Viele Punkte in Ampel umstritten Scholz verspricht neues Bürgergeld ab 2023

Bereits im Januar soll das sogenannte Bürgergeld Hartz IV ablösen. Das zumindest verspricht der Kanzler. Doch die FDP fordert einige Verbesserungen, etwa mehr Sanktionen. Und auch in der CDU, die im Bundesrat zustimmen muss, herrscht bisher Skepsis vor.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat eine Ablösung von Hartz IV durch das neue Bürgergeld im kommenden Jahr zugesichert. Der SPD-Politiker sprach in Berlin davon, dass die Bürgergeldreform "definitiv" zum 1. Januar in Kraft gesetzt werden solle. Innerhalb der Ampel-Regierung bleibt die Umsetzung aber strittig. Die FDP pocht auf die Möglichkeit von Strafmaßnahmen für Bürgergeld-Bezieher, wenn sie bei der Arbeitsvermittlung nicht mitwirken und dringt auf bessere Zuverdienstmöglichkeiten.

Die Einführung des Bürgergelds ist im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verabredet und gehört zu den wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben der Ampel. Sozialminister Hubertus Heil von der SPD hatte am Mittwoch erste Details dazu präsentiert. Die Auflagen für die Leistungsbezieher sollen demnach weniger streng sein als beim derzeitigen Hartz IV.

Nun wird innerhalb der Koalition verhandelt. Nach Heils Plänen sollen in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezugs die tatsächlichen Wohnkosten anerkannt und Vermögen bis 60.000 Euro nicht angetastet werden. Innerhalb einer sechsmonatigen "Vertrauenszeit" sind zudem keine Kürzungen bei sogenannten Pflichtverletzungen geplant. Das gilt etwa, wenn Arbeitsangebote nicht angenommen oder nicht wie vereinbart Bewerbungen geschrieben werden. Wenn Termine im Jobcenter chronisch nicht wahrgenommen würden, könne es auch in der Vertrauenszeit Sanktionen geben, aber nur für "ganz, ganz hartnäckige Fälle", hatte Heil am Mittwoch gesagt.

SPD pocht auf Koalitionsvertrag

Die FDP besteht auf mehr Strenge. "Beim Bürgergeld muss es bei Pflichtverstößen Sanktionen geben", sagte Parteichef Christian Lindner im Interview mit ntv.de. Das sei die doppelte Solidarität: Einerseits sei die Gesellschaft solidarisch mit den Menschen, die gegenwärtig nicht arbeiten können. "Andererseits muss es zugleich eine Gegenleistung geben: das eigene Bemühen, diese Solidarität der Gesellschaft nur so lange und so weit in Anspruch zu nehmen, wie es notwendig ist", so Lindner. Wer sich entzieht, dem müsste durch Sanktionen eine Grenze aufgezeigt werden.

FDP-Parteivize Johannes Vogel sagte im Deutschlandfunk: "Es darf keine Sanktionsfreiheit geben, weder in dem halben Jahr und auch nicht darüber hinaus." Er verwies allerdings auch darauf, dass es bei dem Thema nur um wenige Fälle geht. Neun von zehn Menschen in der Grundsicherung kämen nie mit Sanktionen in Kontakt.

Die SPD wies die Kritik aus der FDP zurück. Die "Vertrauenszeit" sei im Koalitionsvertrag vereinbart, sagte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann, dem "Spiegel". "Ich gehe davon aus, dass die FDP vertragstreu ist." Juso-Chefin Jessica Rosenthal sagte, die SPD dürfe sich "diese wichtige Reform der Sozialpolitik nicht von der FDP torpedieren lassen".

Die Freien Demokraten wollen sich nach eigenen Angaben in den anstehenden Beratungen innerhalb der Ampel auch dafür einsetzen, dass es für Bürgergeld-Bezieher mehr Hinzuverdienstmöglichkeiten gibt. Für Schüler, Azubis und Studierende hatte Heil das bereits angekündigt, die FDP fordert auch für Erwachsene mehr Möglichkeiten.

Bei der künftigen Höhe des Bürgergelds ist das letzte Wort ebenfalls noch nicht gesprochen. Sozialminister Heil hat sich für neue Berechnungsmethoden und für ein Plus von etwa 40 bis 50 Euro im Vergleich zum jetzigen Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro pro Monat ausgesprochen. Sozialverbände fordern seit langem deutlichere Steigerungen.

CDU ist bisher skeptisch

Lindner wiedersprach auch hier. "Im Übrigen bin ich nicht dafür, die Regelsätze pauschal zu erhöhen, über die Anpassung an die Inflation hinaus", sagte er ntv.de. "Stattdessen müssen wir die Zuverdienstmöglichkeiten verbessern. Aus dem Bürgergeld darf kein bedingungsloses Grundeinkommen werden." Der in der FDP-Bundestagsfraktion für das Bürgergeld verantwortliche Fachpolitiker Jens Teutrine warnte im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vor "unkalkulierbaren Kosten" bei einer neuen Berechnungsmethode.

Nicht nur innerhalb der Ampel muss noch eine Einigung erzielt werden. Das Bürgergeld-Gesetz ist laut Heil im Bundesrat zustimmungspflichtig. Damit müssen auch die Bundesländer mit ins Boot geholt werden. In mehr als der Hälfte der Länder ist die Union in der Regierung. Deren Vertreter kommentieren Heils Pläne bisher skeptisch. CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Donnerstag gesagt, er sei "sehr gespannt, ob es überhaupt noch irgendwelche Anreize gibt, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren".

CDU-Vize Carsten Linnemann kritisierte in der "Bild"-Zeitung: "Es kann doch nicht sein, dass knapp zwei Millionen Stellen in Deutschland unbesetzt sind und die Ampel das Arbeiten durch die Abschaffung des Prinzips 'Fördern und Fordern' noch unattraktiver macht." Kritik kam auch vom Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Das von Heil vorgestellte Bürgergeld sei falsch verstandene soziale Gerechtigkeit, sagte er.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen