Politik

Wenn der Unions-Streit weitergeht Seehofer droht, CDU-Parteitag zu meiden

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Im Streit um die Flüchtlingspolitik steht eine alte Tradition der Union auf der Kippe: gegenseitige Parteitags-Besuche. CSU-Chef Seehofer will diesen verweigern, wenn der Streit nicht beigelegt wird. CDU-Chefin Merkel wurde auch noch nicht eingeladen.

Wegen des anhaltenden Streits um die Flüchtlingspolitik will CSU-Chef Horst Seehofer womöglich auf seinen traditionellen Auftritt beim Parteitag der Schwesterpartei CDU verzichten. Sollten sich CDU und CSU bis zum Parteitag Anfang Dezember nicht auf eine gemeinsame Linie geeinigt haben, habe ein Besuch keinen Sinn, sagte Seehofer dem "Spiegel". "Ohne einen Konsens wäre mein Auftritt nur ein Medienspektakel."

Die CSU hat derweil auch noch nicht entschieden, ob sie Merkel wieder zu ihrem Parteitag Anfang November einladen wird. Ein CSU-Sprecher wies einen Bericht der "Bild"-Zeitung zurück, wonach Seehofer Merkel bei einem Telefonat am 28. August von dem Delegiertentreffen ausgeladen habe. "Das ist nicht zutreffend", sagte der Sprecher. Es sei völlig normal, dass zwei Monate vor dem CSU-Parteitag noch keine Einladung verschickt worden sei.

"Keine Wiederholung des letzten Jahres"

Die gegenseitigen Besuche der Parteichefs von CDU und CSU gehören seit Jahrzehnten zur Tradition der Schwesterparteien. Allerdings geriet diese Tradition vor einem Jahr beim CSU-Parteitag in München zum Eklat: Seehofer griff die als Gastrednerin eingeladene und neben ihm stehende Kanzlerin Angela Merkel auf offener Bühne scharf an und hielt ihr rund eine Viertelstunde lang die Fehler ihrer Flüchtlingspolitik vor, während sie wie eine Schülerin neben ihm stehen musste.

Seehofer sagte dazu dem Nachrichtenmagazin "Focus": "Ich will keine Wiederholung des letzten Jahres. Und ich nehme an, sie will es auch nicht." Gleichzeitig hielt Seehofer daran fest, die Spitzenkandidatur der Union für die Bundestagswahl erst im ersten Quartal 2017 zu bestimmen. Er fügte aber hinzu: "Ich bin übrigens ein Anhänger des Team-Gedankens." Die Union wolle dann ein personelles Angebot für alle Politikfelder präsentieren. Eine eigene Kanzlerkandidatur schloss er indirekt aus: "In meiner Gedankenwelt spielt diese Frage keine Rolle."

"Ein Konjunkturprogramm für die AfD"

Seehofer setzt darauf, dass der Unionsstreit über die Flüchtlingspolitik bis Ende nächsten Monats geklärt ist. "Wir müssen nicht jedes Detail festlegen, aber die Grundkoordinaten müssen bis Ende Oktober geklärt werden", sagte er dem "Focus". Er wiederholte zwar seine Forderung nach einer von Merkel abgelehnten Obergrenze für Flüchtlinge, äußerte sich aber eher moderat. Im "Spiegel" forderte er erneut einen Kurswechsel: "Es bringt nichts, wenn wir den Leuten immer nur sagen: Wir haben alles richtig gemacht, ihr versteht es nur nicht. Das ist ein Konjunkturprogramm für die AfD."

Der CSU-Chef wird nach der bis Samstag dauernden Klausur des CSU-Vorstands am Sonntag zu einem Spitzentreffen der schwarz-roten Koalition in Berlin erwartet. Vor einem Treffen von Merkel und ihm mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ist ein mehr als einstündiges Gespräch des CSU-Chefs mit der Kanzlerin geplant. Dabei dürfte es vor allem darum gehen, wie man nach der Eskalation des Flüchtlingsstreits in den vergangenen Wochen wieder mehr zueinander finden könnte.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa

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