Politik

Deutschpflicht auch zu Hause Seehofer reagiert auf Häme

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Seehofer will sich die Formulierung anschauen - ob sich dann auch etwas ändert, ist unklar.

(Foto: dpa)

Ein einzelner Satz in einem Leitantrag der CSU sorgt für Kritik und Spott. Dass die CSU Ausländern vorschreiben will, auch zu Hause Deutsch zu sprechen, amüsiert aber nicht nur die Nutzer im Internet. Nun äußert sich Parteichef Seehofer zum Thema.

Beißender Spott scheint die CSU zu einem Umdenken bei ihrer Forderung nach einer Deutschpflicht für Ausländer bewegt zu haben. In Reaktion auf die vielen hämischen Kommentare zu dem CSU-Vorstoß kündigte Parteichef Horst Seehofer im "Münchner Merkur" an, sich die umstrittene Passage aus einem Leitantrag für den Parteitag anzuschauen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sah in der Frage Gesprächsbedarf.

Der CSU-Vorstand will am Montag einen Leitantrag zum Thema Migration verabschieden, der auf dem Parteitag am kommenden Wochenende dann beschlossen werden soll. In dem von vielen Medien zitierten Antrag heißt es in der umstrittenen Passage: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen."

Seehofer sagte dem "Münchner Merkur": "Ich schaue mir das an. Für unsere Grundlinie lautet meine Vorgabe: eine integrationsfreundliche Politik." Dieser Weg führe über Sprache, über Bildung - miteinander leben, nicht nebeneinander, ergänzte Seehofer.

"Das kann missverstanden werden"

Hasselfeldt sagte dem Blatt, der Grundgedanke des Leitantrags sei zwar in Ordnung. "Die Reaktion zeigt aber: Das kann missverstanden werden." Die Zeitung berichtete unter Berufung auf Parteikreise, dass die strittige Passage noch ergänzt werden könnte.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte die Idee in der "Bild am Sonntag" als "komplett bescheuerten Vorschlag" bezeichnet. Sie warf dem Koalitionspartner CSU vor, offensichtlich zur "neuen Verbotspartei" zu werden: "nach der Ausländer-Maut jetzt das Sprachverbot." Der Staat habe sich völlig herauszuhalten, welche Sprache in den eigenen vier Wänden gesprochen werde, sagte die SPD-Generalsekretärin.

Grünen-Chef Özdemir sagte der Zeitung, "das Freiheitsverständnis der CSU in ihrer neuen Rolle als Sprachpolizei ist atemberaubend: In welcher Sprache in den eigenen vier Wänden gesprochen wird, geht niemanden etwas an. Nicht auszudenken, hätten die Amerikaner einem Thomas Mann verboten, daheim deutsch zu reden."

Auch der Bund Bairische Sprache reagierte zurückhaltend auf den CSU-Vorschlag. "Da hätten erst mal Sprachwissenschaftler konsultiert werden müssen", sagte der Vorsitzende Sepp Obermeier. Er hält es für falsch, dass zum Beispiel türkischen Kindern im Kindergarten und in der Schule praktisch ein Verbot der Muttersprache auferlegt werde. Stattdessen könne man die Muttersprache einbinden, "so wie unser Kultusministerium das Bairisch eingebunden hat in die Standards zum deutschen Spracherwerb". Das "Bairische" als Dialekt sei durch den Vorstoß nicht in Gefahr, fügte er an. "Ich glaube nicht, dass es die Intention der CSU ist, dass sie das 'Grüß Gott' abschaffen wollen."

#YallaCSU

Im Internet reagierten viele Nutzer mit Spott auf den Vorschlag. Dazu wurde der Hashtag #YallaCSU genutzt, in Anspielung auf den arabischen Begriff für "Los, auf geht's!". Die Redaktion der NDR-Satiresendung Extra3 schrieb etwa bei Twitter, "extra 3 fordert: CSU-Mitglieder müssen Zuhause hochdeutsch sprechen".

Sogar das Auswärtige Amt stieg in die Twitter-Auseinandersetzung mit einem Hinweis in eigener Sache ein: "Klarstellung aus gegebenem Anlass: Wir sprechen weiter diplomatisch!" Und Linken-Chef Bernd Riexinger twitterte: "Seehofer und Andi Scheuer könnten erstmal selbst in der Öffentlichkeit deutsch reden."

Auch in der CSU gab es Kritik an dem Vorstoß. Der stellvertretende Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels CSA und frühere Europaabgeordnete Martin Kastner twitterte: "Ich oute mich: Ich spreche tschechisch daheim - als CSU'ler. Und das ist gut so!" CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer bezeichnete die Kritik als unfair. "Wir wollen keine Vorschrift, keine Pflicht und keine Kontrolle", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Die Kritik ist an den Haaren herbeigezogen und entbehrt jeglicher Grundlage."

Quelle: ntv.de, mli/AFP

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