Maut-Streit spitzt sich zu Seehofer wirft Schäuble Sabotage vor
07.09.2014, 14:01 Uhr
Das Maut-Konzept von Verkehrsminister Dobrindt erhitzt weiter die Gemüter. Aus dem Finanzministerium wird Kritik laut: Schäuble fürchtet ein Minusgeschäft. Die Stellungnahme gelangt in die Öffentlichkeit - und Seehofer vermutet dahinter eine Strategie.
Erst droht CSU-Chef Horst Seehofer den Kritikern der Pkw-Maut mit einem Koalitionsstreit, dann greift er Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an: Im Streit um die Maut wirft er ihm offen Sabotage vor. Schäuble hatte sich kritisch zum Maut-Konzept von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geäußert, das Seehofer aber für das derzeit beste Modell hält.
In einer Stellungnahme, die der "Spiegel" öffentlich gemacht hat, warnt Schäuble vor einem Minusgeschäft. Seehofer sagte dazu der "Süddeutschen Zeitung": "Das erhärtet eigentlich meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um das zu verhindern." Es sei schon ein ungewöhnlicher Vorgang, dass bei der Arbeit am Maut-Gesetzentwurf die Stellungnahme vor allem eines Ministeriums, nämlich des Finanzministeriums, gezielt in die Öffentlichkeit komme.
Maut könnte ein Zuschussgeschäft werden
In Regierungskreisen allerdings wird darauf verwiesen, dass die Ressortabstimmung noch gar nicht begonnen habe, weil Dobrindt bisher keinen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Die Union hatte versprochen, dass kein deutscher Autofahrer durch die Pkw-Maut stärker belastet werden soll. Autofahrer sollen nach Dobrindts Eckpunkten über eine Vignette ab 2016 zwar im Schnitt 88 Euro im Jahr zahlen. Deutsche Fahrzeughalter würden aber über die Kfz-Steuer so entlastet, dass unter dem Strich niemand mehr zahlt. Die zusätzlichen Einnahmen durch ausländische Nutzer deutscher Straßen werden auf rund 600 Millionen Euro jährlich geschätzt. Das Geld soll in Verkehrsprojekte fließen.
Im Finanzministerium gibt es offenbar Bedenken gegen dieses Konzept. Der "Spiegel" berichtet von einer sechsseitigen Bewertung, in der es warnend heiße, am Ende könnten "im Ergebnis erheblich weniger als 600 Millionen Euro pro Jahr für die Straßeninfrastrukturfinanzierung übrig bleiben". Angesichts der komplizierten Berechnung der Maut bestünden zudem "erhebliche Zweifel, ob die veranschlagten Systemkosten nicht zu niedrig angesetzt sind". Falls die Maut ein Zuschussgeschäft werde, müsse das Verkehrsministerium die fehlenden Mittel bereitstellen.
Wer prüft die Maut-Abgabe?
Auch beim deutschen Zoll gibt es nach Informationen aus Regierungskreisen Zweifel, wie praktikabel die Umsetzung des angedachten Maut-Konzepts sei. Umstritten ist etwa mit den Ländern, wer die Mautabgabe ausländischer Nutzer überhaupt prüfen soll. Auch sieht Dobrindts Konzept eine Maut für alle Straßen vor. In CDU, SPD und auch der CSU wird das diskutiert, denn etliche Politiker fürchten Nachteile für den sogenannten kleinen Grenzverkehr.
Innenminister Thomas de Maizière hegt laut "Spiegel" zudem verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Maut, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen könne. Der Hintergrund ist, dass Kleinlaster dann anders als Pkw und Lkw von einer Maut ausgenommen wären. Im Haus von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) werde die Europatauglichkeit des Dobrindt-Konzepts bezweifelt.
In der "Süddeutschen Zeitung" stellt Seehofer nun die für ihn im Moment wichtigste Frage zum Maut-Projekt: "Will jetzt die CDU oder will sie nicht?"
Quelle: ntv.de, asc/rts/dpa