"Zum Haare raufen" Sexdienst-Vorschlag regt Palmer auf
09.01.2017, 14:05 Uhr
Die Grünen könnten wegen des Vorschlags als "weltfremde Spinner" abgestempelt werden, fürchtet Boris Palmer.
(Foto: dpa)
Eine Grünenpolitikerin schlägt vor, dass der Staat pflegebedürftigen Menschen Sex mit Prostituierten bezahlen solle. Dafür erntet sie auch aus der eigenen Partei Kritik. Tübingens Oberbürgermeister Palmer etwa befürchtet einen Schaden für seine Partei.
Der Staat soll unter bestimmten Bedingungen sexuelle Dienstleistungen für Pflegebedürftige und Behinderte bezahlen – dieser Vorschlag einer Grünen-Abgeordneten hat für Ärger gesorgt. Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer machte seinem Ärger bei Facebook Luft: "Kann man denn als Bundestagsabgeordnete gut gemeinte Ideen nicht einfach mal im Koffer lassen, wenn sie so offensichtlich dazu dienen können, uns als weltfremde Spinner abzustempeln? Dieser Jahresanfang ist zum Haare raufen."
Gerade mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst hält Palmer es für wenig hilfreich, vom Staat finanzierten Sex vorzuschlagen. "Warum immer in Wahljahren solche Abenteuer?", fragte er. Der Veggie-Day, Unisextoiletten und die Pädophilie-Vorwürfe seien ähnliche Gassenhauer gewesen, schrieb Palmer.
Er glaube auch nicht, dass sexuelle Dienstleistungen in seinem Gemeinderat in Tübingen eine Rolle spielen werden. "Ich bin mir doch ziemlich sicher, dass da im Moment niemand meint, wir bräuchten jetzt dringend die Möglichkeit, für unsere Altenheime Anträge auf Sexualassistenz zu stellen."
Die pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, hatte der "Welt am Sonntag" gesagt, sie könne sich eine Finanzierung von "Sexualassistenz" für Pflegebedürftige vorstellen. Damit ist Sex mit Prostituierten gemeint. Die Kommunen könnten "über entsprechende Angebote vor Ort beraten und Zuschüsse gewähren", sagte sie.
Lauterbach: Keine Prostitution auf Rezept
Vorbild sollten Scharfenberg zufolge die Niederlande sein. Dort könnten sich Pflegebedürftige sogenannte Sexualassistentinnen - zertifizierte Prostituierte - bezahlen lassen. Die Betroffenen müssten allerdings durch ein ärztliches Attest nachweisen, sich nicht auf andere Weise befriedigen zu können.
Auch SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hält nichts von diesem Vorschlag. Er warnte davor, diesen Bereich zu kommerzialisieren. "Wir brauchen keine bezahlte Prostitution in Altersheimen, schon gar nicht auf Rezept. Was wir brauchen, ist mehr Intimität für die Heimbewohner", sagte er in mehreren Zeitungsinterviews. Es gebe keinen Grund, Dienste von Prostituierten für Menschen mit Behinderungen oder Pflegebedürftige von den Kassen erstatten zu lassen. Dabei gehe es nicht um medizinische Zwecke.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/edp