Unterhändler bei Sondierung Trittin sperrt sich gegen Unions-Kompromiss
10.10.2017, 07:00 Uhr
Ex-Umweltminister Jürgen Trittin gehört zum Team der Grünen bei den Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kommende Woche soll auch Grünen-Politiker Jürgen Trittin die Chancen für ein Jamaika-Bündnis ausloten - doch die Unionspläne zur Migration sind ihm ein Dorn im Auge. Vor allem das Aussetzen des Familiennachzugs widerspreche laut Trittin "urchristlichen Werten".
Rund eine Woche vor Beginn der Sondierungsgespräche über ein Jamaika-Bündnis stellen sich die Grünen gegen die Pläne von CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik. Jürgen Trittin, Unterhändler der Partei in den anstehenden Beratungen, sagte der "Rheinischen Post", den Familiennachzug von Flüchtlingen dauerhaft zu unterbinden, sei "eine Verleugnung urchristlicher Werte". "Das läuft allen Integrationsbemühungen entgegen", fügte er an.
CDU und CSU hatten sich nach zähem Ringen auf das Ziel verständigt, maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen. Um dies zu gewährleisten, einigten sie sich auf konkrete Maßnahmen. Dazu gehört, dass der Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz ausgesetzt bleiben soll. Vorgesehen ist neben der Bekämpfung von Fluchtursachen auch, die Liste "sicherer Herkunftsländer" mindestens um Marokko, Algerien und Tunesien zu erweitern. Neu ankommende Asylbewerber sollen zudem in sogenannten Entscheidungs- und Rückführungszentren bleiben, bis über ihre Verfahren entschieden ist.
Im ZDF sagte Trittin zur Aufnahme von maximal 200.000 Flüchtlingen pro Jahr: "Wir sehen mit großen Bedenken, dass die einzige Stellschraube, diesen Richtwert einzuhalten, genau das ist, was wir für absolut falsch halten: nämlich die Begrenzung des Familiennachzugs." Der "Rheinischen Post" sagte er zudem, die Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten laufe "auf ein Aushebeln grundlegender menschenrechtlicher Standards hinaus". Skeptisch äußerte sich Trittin auch zu den "Entscheidungs- und Rückführungszentren". "Wie will man diese mit Grünen und der FDP umsetzen?"
Deutsche Wirtschaft begrüßt Kompromiss
Trittin gehört zum Grünen-Team, das Chancen für ein Regierungsbündnis seiner Partei mit Union und FDP ausloten soll. Am heutigen Dienstag kommt die Bundestagsfraktion der Grünen zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Dann dürften auch die Positionen der Union eine Rolle spielen. "Dass es mit den Grünen nicht einfach wird, das ist klar", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann im BR Fernsehen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer attestierte den Grünen mit Blick auf die Zentren "ein erhebliches Wissensdefizit". Die Zentren funktionierten, sagte er der "Passauer Neuen Presse".
Aber auch die FDP hat Vorbehalte gegen das Konzept. Die deutsche Wirtschaft begrüßte dagegen die Einigung der Union zur Zuwanderung von Fachkräften. "Fehlende Fachkräfte sind für Unternehmen in Deutschland das größte Geschäftsrisiko", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks. "Allein heimische Potenziale reichen aber nicht aus, um die Lücken zu schließen."
Die Einwanderung in den Arbeitsmarkt soll sich nach den Vorstellungen der Union künftig am Bedarf der Volkswirtschaft orientieren. "Kein Arbeitsplatz soll unbesetzt bleiben, weil es an Fachkräften fehlt", vereinbarten die Unionsparteien: "Deshalb sind wir zur Erarbeitung eines Fachkräfte-Zuwanderungsgesetzes bereit."
Quelle: ntv.de, jug/dpa