"Es gibt keine schwarzen Listen" Türkei verteidigt Einreiseverbote für Reporter
27.04.2016, 07:28 Uhr
Kritische Journalisten werfen der türkischen Regierung Zensur vor und sehen sich in Ketten gelegt.
(Foto: dpa)
In den vergangenen Wochen verhindert die Türkei die Einreise mehrerer ausländischer Journalisten. Kritiker wittern Zensur und schwarze Listen. Stimmt nicht, sagt die türkische Regierung. Sie spricht von Verstößen der Reporter gegen geltendes Recht.
Die Türkei führt nach Angaben aus der Regierung in Ankara keine schwarzen Listen über unliebsame ausländische Journalisten. "Es gibt keine schwarze Liste", sagte ein Regierungsvertreter, der ungenannt bleiben wollte. Wenn Reporter an der Einreise gehindert würden, "dann liegt das nicht an deren Meinung oder Berichterstattung".
Einige dieser Journalisten hätten in der Vergangenheit etwa durch illegale Grenzübertritte nach Syrien gegen türkisches Recht verstoßen, begründete der Regierungsvertreter die Einreisesperren. Andere hätten sich bei früheren Aufenthalten verdächtig verhalten, indem sie beispielsweise als Touristen eingereist seien und dann Extremisten interviewt hätten, ohne sich bei der Regierung zu akkreditieren. Die Regierung habe "keinen Politikwechsel" in der Hinsicht vollzogen.
Der Deutsche Journalisten-Verband hatte am Dienstag von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Auskunft über angebliche schwarze Listen in der Türkei verlangt. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hatte der "Bild"-Zeitung zuvor gesagt: "Listen mit Journalistennamen haben in Demokratien nichts zu suchen."
Aktuelle Stunde im Bundestag
Kritiker werfen dem türkischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor, das Recht auf freie Meinungsäußerung immer weiter einzuschränken. In den vergangenen Wochen haben die türkischen Behörden mehrere ausländische Journalisten an der Einreise gehindert. So wurde etwa der Leiter des ARD-Studios Kairo, Volker Schwenck, aus "Sicherheitsgründen" nicht ins Land gelassen. Die "Bild"-Zeitung berichtete, der in ihrem Auftrag arbeitende griechische Fotojournalist Giorgos Moutafis sei in Istanbul zur Rückreise nach Athen gezwungen worden.
In der Türkei gibt es zudem Strafverfahren und Inhaftierungen türkischer Journalisten. So wird dem Chefredakteur und einem weiteren Journalisten der Zeitung "Cumhuriyet" Geheimnisverrat vorgeworfen, weil das Blatt über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an syrische Islamisten berichtete. In einem anderen Fall wurde die regierungskritische Zeitung "Zaman" unter staatliche Verwaltung gestellt.
Auf Antrag der Grünen beschäftigt sich am heutigen Mittwoch der Bundestag in Berlin in einer Aktuellen Stunde mit der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei.
Quelle: ntv.de, chr/dpa