Politik

Der Kriegstag im Überblick Ukraine meldet Erfolge nahe Kiew - Deutschland liefert mehr Panzerfäuste

Wladimir und Vitali Klitschko geben eine Pressekonferenz in Kiew.

Wladimir und Vitali Klitschko geben eine Pressekonferenz in Kiew.

(Foto: REUTERS)

In der Umgebung von Kiew toben heftige Kämpfe. Der ukrainischen Seite gelingt es nach eigenen Angaben, mehrere Orte zurückzuerobern. Deutschland kündigt zusätzliche Waffenlieferungen an die Ukraine an. Währenddessen will Russland Gas nur noch gegen Rubel liefern. Der 28. Kriegstag im Überblick.

Klitschko: Russische Truppen nahe Kiew zurückgedrängt

Die ukrainischen Streitkräfte haben die russische Armee nach Angaben von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko in mehreren Gegenden nahe der Hauptstadt zurückdrängen können. Klitschko sagte, es gebe Gefechte in den nördlichen und östlichen Vororten von Kiew. "Die kleine Stadt Makariw und fast ganz Irpin sind bereits unter Kontrolle ukrainischer Soldaten." Diese Angaben ließen sich bisher nicht von unabhängiger Seite überprüfen. Irpin grenzt im Osten an Kiew, Makariw liegt rund 50 Kilometer westlich der ukrainischen Hauptstadt.

In Irpin und im nördlich von Kiew gelegenen Ljutisch gab es heftiges Artilleriefeuer, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Eine ukrainische Nachrichtenagentur sprach von der möglichen Einkreisung russischer Truppen in Irpin und zwei weiteren Ortschaften. Derweil wurde in Kiew der Stadtteil Nywky laut AFP-Reportern von russischen Artilleriegeschützen getroffen. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurden vier Menschen verletzt.

Frontabschnitt bei Kiew geflutet

Bei der Verteidigung der Hauptstadt ergreifen die Ukrainer offenbar ebenso ungewöhnliche wie effektive Maßnahmen: Im Nordwesten von Kiew lösten geöffnete Sperrwerke an der Mündung des Dnepr-Nebenflusses Irpin großflächige Überschwemmungen aus, wie aktuelle Satellitenbilder zeigen. Das offenbar planmäßige Vorgehen schafft in den sumpfigen Flussniederungen rund 30 Kilometer vor dem Kiewer Stadtzentrum ein natürliches Bollwerk. Die gefluteten Talauen engen den Spielraum der russischen Armee an der Front vor Kiew massiv ein. Schweres Kriegsgerät muss sich in der Region auf feste Straßen zurückziehen.

Selenskyj ruft französische Firmen auf, Russland zu verlassen

Derweil warb der ukrainische Präsident um weitere Unterstützung gegen den russischen Angriffskrieg. Er hielt Videoansprachen vor der französischen Nationalversammlung und vor japanischen Abgeordneten in Tokio. Selenskyj appellierte an französische Firmen, Russland zu verlassen und damit aufzuhören, einen Krieg zu finanzieren. Er nannte dabei unter anderem Renault. Am Abend kündigte der Autohersteller an, seine Industrieaktivitäten in Russland wegen des Krieges auszusetzen. Die Maßnahmen betreffen die Produktion in Moskau. Japan rief Selenskyj auf, sich in Asien weiter für Druck auf Russland einzusetzen. Es brauche ein Handelsembargo gegen Russland, so Selenskyj.

Deutschland liefert weitere Waffen an Ukraine

Zusätzliche Unterstützung für die ukrainische Armee kommt unter anderem aus Deutschland. Das Verteidigungsministerium will der Ukraine zur Verteidigung gegen Russland 2000 weitere Panzerfäuste aus Beständen der Bundeswehr liefern. Dies beantragte das Ressort von Ministerin Christine Lambrecht nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa beim Bundessicherheitsrat.

Deutschland liefert nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock derzeit auch weitere Luftabwehrraketen vom Typ Strela. "Die weiteren Strela-Lieferungen sind auf dem Weg", sagte die Grünen-Politikerin im Bundestag. Die Ukraine hat bisher von Deutschland 500 Strela-Luftabwehrraketen erhalten. Ursprünglich war von bis zu 2700 die Rede. Der Krieg in der Ukraine und die von Kanzler Olaf Scholz angekündigte milliardenschwere Modernisierung der Bundeswehr bestimmten auch die Generaldebatte des Bundestages.

Scholz räumt Fehler nach Selenskyjs Rede ein

Dass es nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Bundestag keine Debatte mehr gab, hält der Kanzler inzwischen für einen Fehler. Der von der Ampel-Koalition durchgesetzte Verzicht auf eine Debatte sei "nicht richtig" gewesen, sagte Scholz im Gespräch mit der "Zeit". Der Bundestag war trotz Forderungen insbesondere der Union nach einer Debatte ohne jegliche Unterbrechung zur Tagesordnung übergegangen.

Russland akzeptiert nur noch Rubel für Gaslieferungen

Derweil sorgte Russlands Präsident Wladimir Putin mit einem ökonomischen Schachzug für weitere Unruhe. Für Gaslieferungen aus Russland müssten Kunden unter anderem in Deutschland und anderen EU-Staaten künftig in Rubel bezahlen, erklärte er. Die Ankündigung sorgte prompt für eine Stärkung der russischen Währung, die massiv unter Druck steht. Er habe die Regierung und die Zentralbank aufgefordert, "innerhalb einer Woche" das neue System einzuführen. Zudem deutete Putin an, dass von der Umstellung auf Rubel auch andere russische Exporte betroffen sein könnten.

NATO will Gefechtseinheiten an Ostflanke verdoppeln

Einen Tag vor ihrem Sondergipfel zum Ukraine-Krieg kündigte die NATO an, ihre Ostflanke weiter zu stärken. Das Bündnis will doppelt so viele Gefechtseinheiten an ihre Ostflanke entsenden wie bisher. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Staats- und Regierungschefs wollten auf dem Sondergipfel in Brüssel neue Battlegroups für die Mitgliedsländer Rumänien, Bulgarien, Ungarn und die Slowakei beschließen. Bisher gibt es solche multinationalen Einheiten in Polen und den drei Baltenstaaten.

Lawrow: USA ziehen Verhandlungen in die Länge

Bei den Verhandlungen zwischen der russischen und der ukrainischen Seite über ein mögliches Ende des Krieges ist weiter keine Einigung in Aussicht. "Die Gespräche sind zäh, die ukrainische Seite ändert ständig ihre Position", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Dafür machte er vor allem die USA verantwortlich: Washington wolle "uns offenbar so lange wie möglich in einem Zustand militärischer Aktionen halten".

Kreml-Sonderbeauftragter Tschubais tritt zurück

Derweil verlor Putin einen engen Berater. Der Sonderbeauftragte des russischen Präsidenten für Beziehungen zu internationalen Organisationen, Anatoli Tschubais, erklärte seinen Rücktritt. Dies bestätigte ein Sprecher des Ex-Reformers, der stets zum liberalen Lager gerechnet wurde. Einen Grund nannte er jedoch nicht. In seinem Umfeld hieß es, Tschubais sei aus Protest gegen den Krieg in der Ukraine abgetreten und habe Russland verlassen. Er ist die bislang höchstrangige Persönlichkeit in Russland, die seit dem Einmarsch in der Ukraine zurückgetreten ist.

Kremlpartei-Abgeordnete dürfen Russland nur mit Erlaubnis verlassen

Das Land verlassen - das dürfen Parlamentsabgeordnete der Kremlpartei Geeintes Russland nun nur noch mit einer Sondergenehmigung. Diese müsse von Fraktionschef Wladimir Wassiljew erteilt werden, sagte der stellvertretende Generalsekretär der Partei, Alexander Sidjakin, der Staatsagentur Ria Nowosti. Diese Entscheidung habe die Fraktion allerdings bereits vor Monaten getroffen, sagte er. Betroffen seien ausschließlich Duma-Abgeordnete von Geeintes Russland und nicht alle knapp zwei Millionen Parteimitglieder.

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Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP/rts

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