Politik

Richterwahl geglückt Union und SPD feiern freudlosen Erfolg

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So richtig glücklich sahen Alexander Hoffmann (v.l.n.r.), Jens Spahn und Matthias Miersch nach der erfolgreichen Wahl nicht aus.

So richtig glücklich sahen Alexander Hoffmann (v.l.n.r.), Jens Spahn und Matthias Miersch nach der erfolgreichen Wahl nicht aus.

(Foto: picture alliance/dpa)

Am Ende ist es gut gegangen: Der Bundestag wählt zwei Richterinnen und einen Richter an das Bundesverfassungsgericht. Ein immens wichtiger Erfolg für die junge Regierung, aber einer für den sie sich wenig kaufen kann.

Ziemlich zerknirscht sieht Matthias Miersch aus, als er am Abend vor die Mikrofone tritt. Dabei gibt es eigentlich etwas zu feiern: Die Kandidaten von Union und SPD für das Bundesverfassungsgericht haben eine Zwei-Drittel-Mehrheit bekommen, das leidige Thema ist damit vom Tisch. Die erste Krise der Regierungskoalition endgültig ausgestanden.

Aber glücklich sieht Miersch an der Seite von seinen Unionskollegen Jens Spahn und Alexander Hoffmann nicht aus. Wie die Union sich im Sommer in letzter Minute weigerte, die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zu wählen, das war ein Tiefschlag für die SPD. Man sprach sich aus, bei einer Art Therapie-Treffen in Würzburg. Aber ist jetzt alles wieder gut? Mitnichten.

Dieser Erfolg, es nun doch noch geschafft zu haben, ist schal. Union und SPD sind jetzt gerade einmal dort, wo sie ohnehin gewesen wären, wenn im Sommer alles glatt gegangen wäre. Man hat sich hier auch nicht über Wochen beharkt, um eine ganz tolle Reform zu schmieden, die das Leben der Menschen besser macht. Man sichert auch nur den Status quo. Das Bundesverfassungsgericht kann weiterarbeiten, mehr nicht. Trotzdem wichtig, klar. Aber eben kein Befreiungsschlag für die kriselnde Koalition.

Noch schaler ist dieser Erfolg, weil so eine Wahl bislang Routinesache war. Fachpolitiker einigen sich im Richterwahlausschuss auf die künftigen Verfassungsrichter - die Fraktionen stimmen zu, fertig. Das klappte das erste Dreivierteljahrhundert der Bundesrepublik ganz gut. Doch jetzt versuchen AfD und andere Interessierte, die Richterwahl zu politisieren. Was die ganze Republik Kraft und Nerven kostet.

Union muss Verhältnis zur Linken klären

Wenigstens Unionsfraktionschef Jens Spahn wirkte erleichtert - kein Wunder, auf ihn war die desaströs gescheiterte Abstimmung zurückgefallen. Er hatte die Rebellion der eigenen Abgeordneten nicht kommen sehen. Was aber sein Job als Fraktionsvorsitzender ist. Vor allem ist es auch sein Job, Abweichler einzunorden. Ist ihm alles nicht gelungen. So geht er zumindest mit einer Narbe aus der Sache heraus.

Und er hat noch einen Grund, erleichtert zu sein. Stichwort: die Linke. Für die Zweidrittelmehrheit brauchten Union und SPD sieben Stimmen der Fraktion. Doch Spahn weigerte sich, Gespräche mit ihr zu führen - wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses der Union. So konnte Spahn sagen, ihm seien die Hände gebunden gewesen. Aber richtig ist auch, was die Linken sagen: Dass sie mit der CDU beispielsweise in Thüringen und Sachsen schon mehr oder weniger zusammenarbeiten. Ist der Unvereinbarkeitsbeschluss noch zeitgemäß?

Jetzt ist es nochmal gut gegangen. Aber die Frage danach wird sich wieder und wieder stellen - immer wenn eine Grundgesetzänderung ansteht. Dann wird es ohne die Linke nicht gehen, wenn man sich nicht von der AfD abhängig machen will. Auch das ist durch dieses Richterwahldrama deutlich geworden. Im Fußball würde man sagen: Mund abwischen, weiterspielen.

Quelle: ntv.de

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