Politik

Aussagen zu Präsenz in Ukraine Briten sauer: Scholz soll Geheimnis verraten haben

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
imago0417681571h.jpg

Frankreichs Präsident Macron denkt über den Einsatz europäischer Soldaten in der Ukraine nach und erntet Kritik. Aussagen von Kanzler Scholz befeuern die Debatte. Denn ihm zufolge seien längst Briten und Franzosen vor Ort. Die NATO-Partner reagieren ungehalten, gerade weil Scholz in Sachen Taurus zögert.

Die britische Regierung hat der Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz widersprochen, wonach sich Großbritannien direkt am Einsatz weitreichender Marschflugkörper gegen russische Stellungen in der Ukraine beteilige. Der Einsatz der von Großbritannien gelieferten Storm-Shadow-Raketen sowie "der Prozess der Zielauswahl" sei "Sache der ukrainischen Streitkräfte", sagte ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums.

Der Sprecher in London hob des Weiteren den großen militärischen Nutzen des weitreichenden Raketensystems für die Verteidigung der Ukraine hervor. Der Einsatz dieser Systeme spiele "eine fundamentale Rolle" bei der Verteidigung ukrainischen Territoriums und habe "die strategische Situation verändert, indem er den Druck auf die russischen Streitkräfte und ihre Nachschublinien erhöht" habe, sagte er.

Der konservative Abgeordnete Tobias Ellwood, der ehemalige Chef des Verteidigungsausschusses im britischen Parlament, verurteilte Scholz' Worte. "Dies ist ein eklatanter Missbrauch von Geheimdienstinformationen, der absichtlich darauf abzielt, von der Zurückhaltung Deutschlands, die Ukraine mit einem eigenen Langstreckenraketensystem auszurüsten, abzulenken", sagte Ellwood der Zeitung "Telegraph". Russland werde die Aussagen von Scholz ausnutzen, um die Eskalation weiter anzuheizen.

"Axt an den Zusammenhalt der NATO gelegt"

Auch bei deutschen Experten stoßen die Äußerungen auf scharfe Kritik. Scholz habe einen schweren handwerklichen Fehler begangen, sagte der deutsche Sicherheitsexperte Maximilian Terhalle, Gastprofessor an der London School of Economics and Political Science. "Er hat die Axt an den Zusammenhalt der NATO gelegt" und gefährde die Kooperation mit der Ukraine, sagte Terhalle. Es sei ein grober Fehler, geheimdienstliche Erkenntnisse der engsten Verbündeten öffentlich zu machen.

Der Bundeskanzler hatte am Montag sein Nein zur Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine erklärt. "Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden", hatte Scholz gesagt. "Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, was wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können."

Es gibt Spekulationen, dass Franzosen und Briten ihre an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Scalp und Storm Shadow selbst programmieren und dass zumindest Großbritannien dafür Personal in der Ukraine stationiert hat. Offiziell bestätigt wurde das nie.

Sunak: Briten helfen Ukraine bei medizinischer Ausbildung

Mehr zum Thema

Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak sagte: "Der Einsatz des Langstreckenraketensystems Storm Shadow durch die Ukraine und der Prozess der Zielauswahl sind Sache der ukrainischen Streitkräfte." Das Vereinigte Königreich habe "eine kleine Anzahl von Personal im Land, um für die Sicherheit unserer diplomatischen Präsenz zu sorgen und die ukrainischen Streitkräfte zu unterstützen, unter anderem durch medizinische Ausbildung", sagte der Sprecher weiter. Auf ähnliche Aussagen des britischen Verteidigungsministeriums im "Spiegel" hatte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit gesagt, er sehe keinen Widerspruch zu den Aussagen des Kanzlers.

Auch in Frankreich wurde offiziell nie kommuniziert, ob französische Soldaten in der Ukraine beim Programmieren von Marschflugkörpern helfen. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch Frankreich erfolge in Frankreich oder in Nachbarländern des von Russland angegriffenen Landes, hieß es bislang. Zurückhaltend fiel nun die Reaktion auf die Aussagen von Scholz aus. "Was die Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers betrifft, möchten wir daran erinnern, dass jeder in dem Rahmen handelt, den er für angemessen hält", hieß es aus dem Pariser Außenministerium. "Unser Ziel ist das gleiche: Russland zum Scheitern zu bringen."

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen