Pressestimmen

Zum Rücktritt des CDU-Politikers "Bosbach macht weiter Dampf im Kessel"

Unionspolitiker Wolfgang Bosbach will den in der Griechenland-Politik eingeschlagenen Weg der Bundesregierung nicht mitgehen und verkündet seinen Rücktritt vom Innenausschuss - ein begehrter Posten im Bundestag. Bosbach will künftig nur noch ein einfacher Abgeordneter sein. Die Presse ist sich sicher, dass seine kritische Stimme trotzdem nicht verstummen wird.

Bosbach ist und bleibt ein Kritiker der Merkel-Politik.

Bosbach ist und bleibt ein Kritiker der Merkel-Politik.

(Foto: imago/Müller-Stauffenberg)

Die Nürnberger Zeitung schreibt: "Der Vorwurf von CDU-General Tauber, die Griechenland-Abweichler machten aus ihrer Ablehnung ein 'Geschäftsmodell', hat den Polit-Veteranen Bosbach zutiefst verletzt. Denn als Opportunisten kann man den 63-Jährigen nun wirklich nicht bezeichnen." Er, der sich einst vom Supermarktverkäufer zum Juristen hocharbeitete, habe sich in seinen mittlerweile 21 Jahren als Bundestagsabgeordneter dem Blatt zufolge vor keinem noch so brisanten Thema gedrückt. Deshalb sei es auch nur konsequent, dass Bosbach sein Bundestagsmandat behalte. "Er wolle weiter gemäß seiner Überzeugung abstimmen - das sei er seinen Wählern schuldig. Dem Mann aus Bergisch Gladbach, der Politik als seinen 'Jungbrunnen' bezeichnet, nimmt man das ab."

Laut Die Welt komme es nicht alle Tage vor, dass der Rückzug eines Unionspolitikers aus der ersten Reihe selbst von schärfsten politischen Gegnern ausdrücklich bedauert werde. "Wolfgang Bosbach, der zum Herbst 'aus Überzeugung' den Vorsitz des Bundestagsinnenausschusses aufgibt, kann sich das getrost hinter den Spiegel stecken. Sein Handeln bleibt allerdings in den Kategorien einer individuellen moralischen Haltung." Politisch sei sein Handeln insofern nicht, als dass er einen Gegenentwurf schuldig bleibe, meint die Zeitung. "So geradlinig und nah an seinen Wählern Wolfgang Bosbach mit seinem Rückzugsverhalten auch bleiben mag, er lässt eben diese Wähler ebenso wie seine Mitstreiter in der Euro-Sache allein." Nur Nein sagen habe in der Politik noch selten gereicht.

Das Flensburger Tageblatt meint: "Wolfgang Bosbach legt lediglich den Vorsitz des Innenausschusses nieder, nicht jedoch sein Parlamentsmandat. Was Bosbach damit bezwecken will, bleibt sein Geheimnis." Schließlich habe der Innenausschuss ungefähr so viel mit der Griechenland-Politik zu tun, wie der Finanzausschuss mit der Sicherheitspolitik. Von daher mache ein Rücktritt in dieser Form keinen Sinn. "Er ist noch dazu das völlig falsche Signal. Dem Wähler wird suggeriert, dass der einzelne Bundestagsabgeordnete bei den wirklich wichtigen Themen ohnehin nichts bewirken kann." Dabei sei laut dem Blatt eigentlich das Gegenteil der Fall. "Denn von Hilfspaket zu Hilfspaket schwindet in der Union der Rückhalt für die Politik der Bundesregierung."

"Seinen Posten als Vorsitzender des Innenausschusses hätte Wolfgang Bosbach nicht abgeben müssen", heißt es auch im Kölner Stadt-Anzeiger. Dieser Politikbereich habe nichts mit dem Griechenland-Kurs der Bundesregierung zu tun, schreibt die Zeitung. Als Ausschussvorsitzender repräsentiere Bosbach auch nicht im Wesentlichen die Unions-Fraktion, sondern sitze eben einem Gremium von Fachpolitikern vor. "Menschlich wird er auch von vielen Kollegen anderer Fraktionen geschätzt. Bosbach muss also damit leben, dass jetzt die Frage im Raum stehen bleibt, warum er eigentlich selbst ohne Not die Debatte über einen Mandatsverzicht aufgeworfen hat. Politisch bestand dazu nie ein überzeugender Anlass." Bosbach rede viel - und sage dabei manch Kluges. Aber manchmal auch einen Satz zu viel.

Auch die Neue Osnabrücker Zeitung meint: "Wenn die CDU glaubt, einen unbequemen Kritiker endlich los zu sein, irrt sie sich. Denn Wolfgang Bosbach tritt nur halb zurück. Er gibt mit dem Vorsitz des Innenausschusses zwar eines der begehrtesten Ämter des Bundestags auf, aber als einfacher Abgeordneter wird der temperamentvolle Rheinländer weiter Dampf im Kessel machen." Doch nicht wenige Christdemokraten rollen nur noch genervt die Augen, wenn Bosbach seine Kommentare abgibt. Die CDU nenne er beliebig und ihres konservativen Kerns beraubt, die Griechenland-Milliarden rauben ihm den Schlaf wegen der Lasten für die folgenden Generationen, die Terrorbedrohung in Deutschland wurde in seinen Augen verniedlicht. "Er hat recht in vielen Punkten, doch droht er sich als ewiger Mahner zu verschleißen."

Zusammengestellt von Lisa Schwesig

Quelle: ntv.de

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