Pressestimmen

Pressestimmen zur Berlin-Wahl "Die Party ist vorbei"

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Die Berliner Abgeordnetenhauswahl bringt nicht nur eine geschwächte SPD hervor. Sie hinterlässt auch eine desolate CDU und eine nach wie vor dringend reformbedürftige Hauptstadt. Die Presse kann daher auch keinen wirklichen Sieger ausmachen.

Die Märkische Oderzeitung macht eine erneute "Abreibung" für die CDU bei einer Landtagswahl aus. "Das wird im Weiteren sicherlich auch der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin zugeschrieben werden, insbesondere von ihren bayerischen Freunden." Tatsächlich habe das schwache Abschneiden "sehr lokale Wurzeln", vor allem einen blassen Spitzenkandidaten. "In der Endphase des Wahlkampfs ließ er (Frank Henkel) - gegen Rot-Rot-Grün gemünzt - den Slogan 'Keine Experimente' plakatieren. Verstaubter geht es kaum. Und es ist ja auch völlig absurd. Nichts braucht Berlin dringender als politische Tatkraft und Innovation."

Als für Kanzlerin Merkel "noch schlimmer" als das Ergebnis von Mecklenburg-Vorpommern bezeichnet die Hannoversche Allgemeine Zeitung den Ausgang der Abgeordnetenhauswahl. In Schwerin könne die CDU immerhin rechnerisch weiter an der Regierung beteiligt werden. "In Berlin dagegen reicht es schon nicht mehr für eine Große Koalition. Darin liegt eine historische Demütigung für die CDU nach vielen Jahrzehnten, in denen sie die Stadt dominierte. Merkel hofft auf Lerneffekte - und darauf, dass das Pendel bis zum Herbst 2017 generell zu ihren Gunsten zurück schwingt. Ein erster Schritt ist getan: Einem erstaunten bundesweiten Publikum wird jetzt vorgeführt, dass ein Erstarken der AfD unterm Strich zu Rot-Rot-Grün führen kann."

Die Badische Zeitung aus Freiburg nimmt sich dagegen den Wahlsieger vor. "Wer wie der regierende Bürgermeister erklärt, seine SPD habe ihr Ziel erreicht, weil sie wieder den Regierungsauftrag erhalten habe, sollte zu einem Kurs in politischer Demut verpflichtet werden." Regieren sei kein Selbstzweck, sondern ein Auftrag, die Probleme eines Gemeinwesens zu lösen. "Hier versagt die Stadtpolitik seit langem." Dass man keiner Partei Lösungen zutraue, "sollten alle, die Berlin künftig regieren wollen, als klare Ansage begreifen: Die Party ist vorbei."

Der Standard aus Wien hebt vor allem das Ergebnis der AfD hervor: "Erst Schwerin, jetzt Berlin." So habe die Parole der AfD gelautet. "Man wollte auch in der deutschen Hauptstadt Platz zwei erreichen, so wie vor 14 Tagen in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Partei aus dem Stand 20,8 Prozent schaffte. Doch ganz so heftig fiel der Siegesrausch in Berlin dann nicht aus. Berlin ist eben anders. Die deutsche Hauptstadt wählt eher links, die Furcht vor Ausländern ist in einer Stadt, in der Kreuzberg nicht bloß eine Bezirksbezeichnung, sondern ein Lebensgefühl ist, nicht so groß wie in Mecklenburg-Vorpommern, wo paradoxerweise fast überhaupt keine Ausländer leben."

Die Berliner Zeitung schreibt der kommenden Regierung, aus welchen Parteien auch immer sie bestehen mag, einige Punkte ins Hausaufgabenheft: "Die nächsten fünf Jahre können darüber entscheiden, ob aus Berlin ein wuchernder Moloch wird oder eine gestaltete Metropole. Wir können Vorbild dafür sein, wie unterschiedliche Kulturen gut zusammenleben, wie Flüchtlingen geholfen werden kann und wie sie integriert werden können. Berlin kann eine Stadt sein, in der man sicher und tolerant leben kann. Eine Stadt, die seine Bürger da unterstützt, wo sie es brauchen und sie da in Ruhe lässt, wo sie selbst zurechtkommen."

Zusammengestellt von Johannes Graf

Quelle: ntv.de

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