Pressestimmen

Abschiebung von Flüchtlingen "In Deutschland wird der Wind etwas rauer"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesregierung plant, Flüchtlinge schneller abzuschieben. Im Raum stehen Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern mit Hilfe der Bundeswehr. Die deutsche Presse spricht von einem "martialischen Signal".

Der Mannheimer Morgen sieht den geplanten Einsatz von Transall-Maschinen der Bundeswehr zur Flüchtlingsrückführung kritisch: "Wer schon mitgeflogen ist, weiß, dass es drinnen nicht nur fürchterlich laut, sondern auch recht eng ist. Natürlich kann man dennoch einen Einsatz erwägen, aber da täglich ohnehin nur wenige Maschinen zur Verfügung stehen, dürfte die Transall selbst dann nur selten zum Einsatz kommen, wenn es künftig tatsächlich viel mehr Abschiebungen geben sollte."

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung wertet die Pläne der Bundesregierung als Signal nach Innen und Außen: "'Wir schaffen das' - das umstrittene Diktum Angela Merkels ist längst auch eine Chiffre für den wachsenden Willen in der Regierung, den Zuzug ins Land auf allen Ebenen zu beschränken. Und diejenigen, die bereits hier sind, wenn möglich wieder loszuwerden. Um das zu schaffen, verschärfte der Bundestag bereits das Asylrecht. Gestern beriet das Bundeskabinett sogar über mögliche Amtshilfe der Bundeswehr, um abgelehnte Asylbewerber mit Transall- oder Truppentransportmaschinen auszufliegen. Das martialische Signal - an Skeptiker in den eigenen Reihen und Flüchtlinge gleichermaßen - ist deutlich: In Deutschland wird der Wind etwas rauer."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fordert Grenzkontrollen statt Abschiebungen: "Abschiebungen wirken inhuman - doch nur deshalb, weil sie mit einer Illusion aufräumen. Humaner wäre es, diejenigen, die ganz offensichtlich keinen Anspruch auf Schutz und Bleibe haben, gar nicht erst ins Land zu lassen. Die Bundeskanzlerin hat (...) abermals den Eindruck erweckt, dass jeder, der vor Krieg und Terror flieht, hierzulande ein Recht auf Schutz habe. Doch das hat er nicht, wenn er schon in einem anderen Land in Sicherheit war. Natürlich muss Deutschland nach Kräften helfen. Es fehlt aber weiterhin das deutlich sichtbare Signal der wirksamen Grenzkontrolle. Das ist möglich, und auch im Schengen-Raum vorübergehend erlaubt. (...) Wer dagegen Menschen erst in das Land ihrer Hoffnung lässt, um sie später abzuschieben, der handelt nicht human.

"Das größte Abschiebehindernis bleibt falsch verstandenes Gutmenschentum", kommentiert die Stuttgarter Zeitung. Es sei kein Zufall, "dass ausgerechnet dem ersten linken Ministerpräsidenten der Republik nichts dringender erschien, als einen Verzicht auf Abschiebungen im Winter anzuordnen". Es gehe nicht darum, so die Zeitung weiter, den Rechtsstaat abzuschaffen: "In diesem Fall wäre Horst Seehofers notorisches Diktum von der 'Kapitulation des Rechtsstaats' aber ausnahmsweise angebracht. Rechtstreue hat nicht nur dann zu gelten, wenn es um grundgesetzlich garantierte Asylansprüche geht. Sie ist auch zu einzuhalten, wenn die unabweisbare Pflicht zur Ausreise besteht."

Quelle: ntv.de

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