Pressestimmen

DFB-Chef tritt zurück "Niersbach ist weg. Aufgeklärt ist nichts."

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(Foto: picture alliance / dpa)

Wolfgang Niersbach tritt von seinem Posten als DFB-Präsident zurück. Der Entscheidung sollen neue Erkenntnisse der externen DFB-Ermittler über die Vergabe der WM 2006 zugrunde liegen. Die Nachricht hallt, auch wenn sie nicht ganz unerwartet kommt, wie ein Paukenschlag durch die Bundesrepublik. Das Echo aus der Presse lässt nicht lange auf sich warten: Der Rücktritt dürfe erst der Anfang sein, heißt es.

Die Nürnberger Zeitung verlangt nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident eine schnelle und transparente Aufklärung vom Deutschen Fußball-Bund: "Niersbachs Rücktritt ist lediglich ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen, damit der DFB wieder glaubhaft wird und für Transparenz sorgt - dies wünschen sich alle Menschen, die das Sommermärchen des weltoffenen Deutschland 2006 erst möglich gemacht haben. Der Verband muss seine Mauertaktik schnellstmöglich beenden und selbst reinen Tisch machen. Alles andere riecht nur nach Schadensbegrenzung.

Auch der Kölner Stadt-Anzeiger fordert einen "Kampf um die Wahrheit" und hinterfragt die Rolle Theo Zwanzigers, dessen Aussagen Niersbach schwer belasten: "Wolfgang Niersbachs persönliche Tragik liegt in der Tatsache, dass er gar nicht schuldig sein muss im Sinne der Anklage, um in seinem Amt unhaltbar geworden zu sein. Der Rheinländer hat geglaubt, die größte Krise des DFB im Vertrauen auf in Hinterzimmern gewachsene Männerfreundschaften mit dem bewährten Mittel deutscher Funktionärsrhetorik bewältigen zu können. Als er sich erklären sollte, stand er jedoch völlig alleine da. Es scheint, als habe sein Intimfeind Theo Zwanziger erreicht, was er mit den Enthüllungen bezwecken wollte. Niersbach ist weg. Aber aufgeklärt ist nichts. Jetzt muss um die Wahrheit gekämpft werden. Zwanziger könnte schneller, als er glaubt, in eine andere Rolle geraten als die des Whistleblowers. 2006 war er Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Nicht Wolfgang Niersbach."

"Der Schritt war überfällig", kommentiert die Volksstimme Magdeburg Niersbachs Rücktritt und kritisiert dessen Umgang mit der Affäre: "Seit über drei Wochen haben der jetzt Ex-Präsident und der größte Sportverband der Welt eine überaus traurige Figur bei der Aufklärung um Schmiergeld-Zahlungen und dubiose Millionen-Überweisungen abgegeben." Geklärt, so das Blatt weiter, sei der Fall "Sommermärchen" durch den Rücktritt noch lange nicht: "Im Gegenteil: Mit seiner Erklärung hat Niersbach neue Fragen aufgeworfen und eine weitaus größere Dimension als bisher bekannt angedeutet. Antworten blieben Niersbach und der DFB auch am Montag schuldig." Abschließend richtet das Blatt ebenso den Fokus auf Zwanziger: "Zu hinterfragen ist nach wie vor auch die Rolle von Theo Zwanziger. Der Niersbach-Vorgänger und -Intimfeind geriert sich bislang als Kronzeuge im größten DFB-Skandal seiner Geschichte. Seine wahren Motive liegen ebenfalls weiter tief im Dunkeln."

Bei der Berliner Morgenpost heißt es, dass der Sport sich nicht aus eigener Kraft werde reinwaschen können: "Unverkennbar hat die Kommerzialisierung dazu geführt, dass Geld längst der wichtigste Lohn bei Wettkämpfen geworden ist, zumindest für viele Funktionäre. Sie haben sich unter dem Deckmantel des hehren Anspruchs vom friedlichen Wettstreit und Miteinander eine hässliche Parallelwelt der Raffsucht erschaffen können. Und so wenig der Sport dies verhindert hat, so wenig ist er auch zur Selbstreinigung in der Lage. Erst staatliche Institutionen sorgen mit Unterstützung der Medien für die Korrekturen und erzwingen Anklagen, Ablösungen oder Rücktritte wie den Wolfgang Niersbachs. Der Sport liegt in Trümmern, seine gesellschaftliche Bedeutung gerät auch unterhalb des Profigeschäfts in Gefahr. Aber die ursprüngliche Gemeinnützigkeit ist vielen Sportfunktionären der Generation Blatter ja schon lange egal."

Die Badische Zeitung gibt sich nach dem Rücktritt Niersbachs optimistischer: "Sein Rücktritt als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) war unumgänglich. (...) Oberster Aufklärer, der er Kraft Amtes hätte sein müssen, konnte Niersbach als Beschuldigter nicht sein. Seine jetzige Entscheidung eröffnet Chancen: Der DFB kann ohne Rücksicht auf Personen und zumindest einigermaßen glaubhaft an der Aufklärung des Skandals mitwirken, sich bestenfalls sogar als treibende Kraft präsentieren. In erster Linie muss der Verband transparent agieren. Wie so viele Sportverbände wirkte auch der DFB wie eine Parallelgesellschaft, die der Öffentlichkeit kaum Einblicke gewährte. Wolfgang Niersbach selbst kann beweisen, dass es ihm trotz des schmerzlichen Jobverlusts ernst ist, seinen Teil zur Wahrheitsfindung beizutragen. Er könnte sich dadurch positiv von seinem Amtsvorgänger Theo Zwanziger abheben."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

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