Niersbach erklärt dubiose Zahlung "Raum für neue Spekulationen"
22.10.2015, 20:20 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Wirbel um das mutmaßlich gekaufte Sommermärchen 2006 reißt nicht ab. DFB-Chef Wolfgang Niersbach versucht, das Handeln der WM-Organisatoren zu erklären. Die dubiosen 6,7 Millionen Euro, die der DFB der Fifa überwies, sollen demnach kein Schmiergeld gewesen sein. Vielmehr sei es eine Anzahlung gewesen, um einen späteren Zuschuss über 170 Millionen Euro von der Fifa zu erhalten. Ein Befreiungsschlag sieht anders aus, denn seine Erklärung überzeugt die Presse nicht.
Wolfgang Niersbachs PR-Offensive habe ihren befreienden Zweck nicht erfüllt, schreibt die Landeszeitung aus Lüneburg. Anstelle von Antworten hätte es vom DFB-Chef nur hilfloses Schulterzucken mit nichtssagenden Sätzen wie "Das entzieht sich meiner Kenntnis", "Da bin ich überfragt", "Davon weiß ich nichts" gegeben. "So geriet diese Pressekonferenz zu einem Schaustück völlig verfehlten Krisen-Managements. Niersbachs planloser Auftritt hat nichts zur so dringend benötigten Aufklärung beigetragen. Im Gegenteil: Er gibt genügend Raum für neue Spekulationen."
Auch der Stuttgarter Zeitung eröffnen sich nach Niersbachs Pressekonferenz mehr Fragen als Antworten. So sei die Frage, warum die Fifa erst 6,7 Millionen will, um dem DFB nachher ein Vielfaches der Summer wieder zu geben, ebenso unbeantwortet geblieben wie jene, warum das Geld nicht ordnungsgemäß deklariert wurde. "So steht nun also unverändert der Verdacht im Raum, dass der DFB 6,7 Millionen an die Fifa überwiesen hat, um vor der WM-Vergabe Stimmen zu kaufen. Als ehemaliger Vizepräsident des deutschen Bewerbungs- und Organisationskomitees steht Niersbach dabei unter ganz besonderer Beobachtung."
Die Welt bezeichnet Niersbachs Auftritt gar als "beschämende Posse". Nach seinen Erklärungen stünden noch mehr Fragen im Raum als zuvor. "Warum lieh sich das OK Geld bei einem Privatmann und nicht bei einer Bank? Und vor allem: Wenn der DFB-Präsident doch sowieso nichts mitbekam - wie kann er ausschließen, dass die WM gekauft wurde?" Der DFB würde handeln wie ein Verband, der "seinen Sitz in einer Bananenrepublik" habe, so das Blatt spöttisch. Auch an Niersbach lässt die Welt kein gutes Haar und sieht das Ende seiner Amtzeit gekommen: "Niersbach weiß entweder nichts - oder er lügt. So oder so kann er dem Fußball nur noch in einer Hinsicht dienen: Indem er zurücktritt und den Weg frei macht für einen personellen Neuanfang."
Die Süddeutsche Zeitung versucht nachzuvollziehen, was es bedeuten würde, wenn Niersbachs Ausführungen der Wahrheit entsprechen. In diesem Fall hätte die Fifa "ein ganz dreckiges Spiel gespielt. Der Weltfußballverband hätte wie ein Schutzgelderpresser agiert. Man muss ihm zehn Millionen zahlen, damit man später 250 Millionen bekommt?", hinterfragt die Zeitung. Doch der Weltverband sei nicht der einzige Schuldige. Auch das Organisationskomitee der WM 2006 hätte sich nicht mit Ruhm bekleckert und "auf Umwegen und mit anderer Leute Geld an eine Organisation voller Korrupter viele Millionen gezahlt, für irgendetwas. Das Kürzel 'OK' ist übrigens auch bei Polizisten bekannt. Bei ihnen steht es für 'Organisierte Kriminalität'."
Zusammengestellt von Katja Belousova
Quelle: ntv.de