Kanonendonner in Europa Was bedeutet der Ukraine-Krieg für die Aktienmärkte?
25.02.2022, 09:48 Uhr
Der Krieg ist eine humanitäre Katastrophe und je früher sich die Situation beruhigt, umso besser.
(Foto: imago/blickwinkel)
Diese Woche ist die Situation eskaliert. In der Ukraine ist ein für die betroffenen Menschen furchtbarer Krieg ausgebrochen. Aber was bedeutet dieser für Anleger? Kaufen, halten oder verkaufen?
Die Aktienmärkte sind 2022 ohnehin schon schlecht gestartet, weltweit haben die Aktienmärkte nachgegeben. Inflation und Zinserhöhungen haben insbesondere den US-Tech-Unternehmen zugesetzt, die Aktienkurse einiger Stars der Vergangenheit haben sich in kurzer Zeit halbiert. Jetzt startet in diesem angeschlagenen Marktumfeld Russland eine Invasion, da ist es fast zwangsläufig, dass wir hohe Verluste an den weltweiten Aktienmärkten als direkte Folge sehen.

Dr. Andreas Beck bewertet als unabhängiger Finanzmathematiker die Qualität von Vermögensverwaltungen. Unter anderem testet er zusammen mit n-tv und Focus Money seit über zehn Jahren die Portfolios der führenden Privatbanken in Deutschland. Daneben leitet er die Index Capital, welche für Banken und Fondsgesellschaften wissenschaftlich fundierte Portfoliomodelle entwickelt.
Das ist ein typisches Muster, wie wir es auch bei früheren regionalen Konflikte mit internationaler Dimension gesehen haben. Investoren ziehen sich aus den Risiken zurück, Aktien verlieren, Staatsanleihen gewinnen. Genauso typisch folgte aber eine schnelle Erholung - selbst bei größeren Konflikten war das nicht anders:
Übersicht Krisenereignis / 1-Jahresrendite des US-Aktienmarktes in US-Dollar (S&P500)
- Dezember 1979: Einmarsch der UdSSR in Afghanistan / + 25 Prozent
- August 1990: Einmarsch Irak in Kuwait / + 10 Prozent
- Januar 1991: Golfkrieg / + 33 Prozent
- März 2003: Einmarsch USA in Irak / + 28 Prozent
Das wird jetzt beim Einmarsch von Russland in die Ukraine sehr wahrscheinlich auch nicht anders laufen. Betrachtet man den jetzigen Konflikt aus rein wirtschaftlicher Perspektive, so hat auch er keinen messbaren Einfluss auf die durchschnittlichen weltweiten Unternehmensgewinne. Investoren, die einseitig in ein paar Unternehmen oder zum Beispiel nur in den DAX 40 investiert haben, können auch langfristig negativ von den Auswirkungen des Konflikts betroffen sein. Investoren, die ein weltweit breit gestreutes Aktienportfolio haben, können die jetzige Situation jedoch als attraktive Chance für Nachkäufe sehen.
Der Kapitalismus ist kalt
Wirklich ernst für die Weltwirtschaft würde es erst werden, wenn die Krise international eskaliert. Aber das ist unwahrscheinlich. China hat schon mäßigend eingewirkt und wird sich an einer Isolierung Russlands kaum beteiligen. Europa ist zu schwach für eine Eskalation. Aufgrund unserer Energiepolitik haben wir eine historisch einmalige Abhängigkeit von Russland geschaffen und die USA habe eigentlich auch andere Sorgen.
Das klingt jetzt alles kälter, als es gemeint ist. Der Krieg ist eine humanitäre Katastrophe und je früher sich die Situation beruhigt, umso besser. In dieser Ausführung haben wir bewusst eine reine Investorenperspektive eingenommen - und der Kapitalismus ist kalt, das hat er auch bei den bisherigen lokalen Kriegen bewiesen. Konkret bedeutet dies, dass Anleger, die nicht breit gestreut investiert haben, jetzt unter die Räder kommen können. Für Anleger, die breit investierten, bietet sich die Krise jedoch für Nachkäufe an. Nervosität ist fehl am Platz.
Dr. Andreas Beck bewertet als unabhängiger Finanzmathematiker die Qualität von Vermögensverwaltungen. Unter anderem testet er zusammen mit n-tv seit über zehn Jahren die Portfolios der führenden Privatbanken in Deutschland. Sein neuestes Buch "Erfolgreich wissenschaftlich investieren" kann auf www.globalportfolio-one.de kostenlos heruntergeladen werden.
Quelle: ntv.de