Ratgeber

BGH rettet Lebensversicherer Altverträge bleiben rechtmäßig

Der BGH entschärft eine tickende Zeitbombe für die Versicherungsbranche: Verträge nach dem sogenannten "Policenmodell" sind nicht rechtswidrig. Für Kunden, die sich von alten Lebensversicherungen lösen wollen, ist das keine gute Nachricht.

Der vorzeitige Ausstieg aus der Lebensversicherung ist meistens teuer. Doch rückabwickeln lässt sich der Vertrag nur 30 Tage nach Aushändigung der Widerrufsbelehrung.

Der vorzeitige Ausstieg aus der Lebensversicherung ist meistens teuer. Doch rückabwickeln lässt sich der Vertrag nur 30 Tage nach Aushändigung der Widerrufsbelehrung.

(Foto: imago stock&people)

Die Versicherungsbranche kann aufatmen: Lebensversicherungen, die zwischen 1994 und Ende 2007 abgeschlossen worden sind, haben nicht gegen europäisches Recht verstoßen und bleiben damit g ültig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Damit bleiben den Unternehmen mögliche Rückzahlungen in Milliardenhöhe erspart (Az.: IV ZR 73/13).

Geklagt hatte ein ehemaliger Kunde des Versicherers Deutscher Herold. Er hatte 1998 eine Lebensversicherung nach dem damals verbreiteten Policenmodell abgeschlossen. Danach wurden die kompletten Versicherungsunterlagen nebst Widerrufsbelehrung erst zusammen mit dem Versicherungsschein ausgehändigt. 2004 kündigte der Mann seinen Vertrag, bekam aber 4600 Euro weniger heraus, als er eingezahlt hatte. Bei vorzeitigen Kündigungen ist das durchaus üblich, schließlich werden aus den Prämien auch Abschluss- und Verwaltungskosten getragen.

2011 klagte der Ex-Versicherte auf Rückabwicklung des Vertrages. Seine Argumentation: Verträge auf Grundlage des Policenmodells seien grundsätzlich unwirksam, weil EU-Recht eine Belehrung noch vor Vertragsabschluss fordere. Hätte er Recht bekommen, hätte das weitreichende Folgen gehabt: Womöglich hätten Millionen Kunden, die zwischen 1994 und 2007 Lebensversicherungen abgeschlossen haben, ihre Verträge stornieren und hohe Rückforderungen stellen können.

Rückabwicklung wäre "treuewidrig"

Doch das hat der BGH nun verhindert: Es sei zwar richtig, dass die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsabschluss gemeinsam mit dem Versicherungsschein den Kunden zugesandt worden sei. Solche Verträge galten damals während der 14-tägigen Frist aber als "schwebend unwirksam": Kunden hätten in dieser Zeit problemlos von dem Vertrag zurücktreten können. Taten sie es nicht, sei der Vertrag nach 14 Tagen rückwirkend wirksam geworden.

Das Policenmodell, das 2008 auf Druck der EU aufgegeben wurde, verstößt demnach nicht gegen die vom EU-Recht vorgegebenen Informationspflichten der Versicherungen. Es bliebe dem jeweils nationalen Recht überlassen, wie das Zustandekommen von Versicherungsverträgen geregelt werde, stellte der BGH klar. Dem Gericht zufolge verhalten sich Versicherungskunden "treuewidrig", wenn sie jahrelang anstandslos einbezahlt haben und den Vertrag dann rückgängig machen wollen.

Die Vorsitzende Richterin Barbara Mayen hatte in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ein gegenteiliges Urteil auch für Versicherte "erhebliche Risiken" bedeutet hätte. Seien Verträge nach dem Policenmodell grundsätzlich unwirksam, könnten Versicherungsunternehmen bei solch einem Ausgang ebenfalls alte Verträge kündigen.

Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa

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