Ratgeber

Hartz-IV-Empfänger Auch Kontoauszüge nicht tabu

Für ihren Antrag auf Arbeitslosengeld II müssen Arbeitslose auch ihre Kontoauszüge vorlegen. Die Daten seien erforderlich, um den Antrag zu prüfen und die Höhe der Leistung zu berechnen, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Allerdings dürfen die Arbeitslosen die Empfänger besonders sensibler Ausgaben schwärzen (Az: B 14 AS 45/07 R).

Wie inzwischen bundesweit üblich verlangt auch die für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II zuständige Arbeitsgemeinschaft (Arge) in München von den Antragstellern die Vorlage der Kontoauszüge der letzten drei Monate. Der Kläger verweigerte dies jedoch ohne Angabe von Gründen. Nach einer schriftlichen Anmahnung hatte die Arge daraufhin das Arbeitslosengeld "wegen fehlender Mitwirkung" komplett gestrichen. Dies wurde nun höchstrichterlich bestätigt.

Kontoauszüge gehören zu Beweismitteln

Wie das BSG entschied, gehören auch Kontoauszüge zu den "Beweismitteln", die Arbeitslose laut Gesetz vorlegen müssen. Das gelte auch bei Folgeanträgen und sei nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Behörde Anlass für einen Missbrauchsverdacht habe. Die übliche Anforderung der Auszüge für die letzten drei Monate sei auch zumutbar und verhältnismäßig, damit die Arge die Leistungsansprüche prüfen kann.

Allerdings betonte das BSG auch den besonderen Schutz, den bestimmte Daten auch im Sozialrecht genießen. Dies sind laut Sozialgesetzbuch "Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben". Bei entsprechenden Ausgaben dürften die Arbeitslosen daher die Empfänger schwärzen, nicht allerdings den Betrag. "Die Arbeitsgemeinschaften sind gehalten, auf die Möglichkeit der Schwärzung hinzuweisen", erklärten die Kasseler Richter. Im konkreten Fall komme es darauf aber nicht an, weil der Arbeitslose sich generell geweigert habe, der Arge seine Kontoauszüge zu zeigen.

Umfangreiche Mitwirkungspflicht

Laut Gesetz müssen Arbeitslose mitwirken, damit die Arbeitsgemeinschaft ihren Antrag auf Arbeitslosengeld II prüfen kann. Dabei müssen sie aber keine Angaben machen, die sie nicht machen können. Weiß etwa ein Arbeitsloser nicht über das Einkommen seiner Lebenspartnerin bescheid, so ist nicht er, wohl aber sie zur Auskunft verpflichtet (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Az: L 7 AS 1703/06).

EINGLIEDERUNGSVEREINBARUNG: Rechte und Pflichten der Arbeitslosen werden meist in einer so genannten Eingliederungsvereinbarung festgehalten. Pflichten dürfen allerdings nicht zur Schikane werden. So sollte in einem vom Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall der Arbeitslose an einem Coachingcenter teilnehmen. Das entpuppte sich aber als reines Zeitabsitzen ohne ernsthaften Unterricht. Der Arbeitslose durfte die Maßnahme daher abbrechen (Az: L 14 B 568/08 AS).

Stellt die Eingliederungsvereinbarung unzulässige Forderungen auf, darf der Arbeitslose die Unterschrift verweigern (LSG Rheinland-Pfalz, Az: L 3 ER 175/07 AS). Nach Überzeugung des Sozialgerichts (SG) Nürnberg ist die Vereinbarung schon dann rechtswidrig, wenn sie keinerlei individuelle Regelungen enthält (Az: S 20 AS 465/07 ER).

BEWERBUNGEN: Besonders häufig sind Arbeitslose nach ihrer Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, sich um eine neue Stelle zu bemühen. Zehn Bewerbungen im Monat sind zumutbar (LSG Berlin-Brandenburg, Az.: L 25 AS 522/06). Allerdings dürfen auch hierbei die Arbeitslosen nicht zu sinnlosen Bewerbungen verdonnert werden: Trägt die Arbeitsgemeinschaft einem Empfänger einen Euro-Job an und dokumentiert damit selbst, dass er derzeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Chance hat, so entfällt die Bewerbungspflicht (SG Berlin, Az.: S 37 AS 19402/08 ER).

SANKTIONEN dürfen die Arbeitsgemeinschaften nur bei vorsätzlichen (LSG Sachsen-Anhalt, Az: L 2 B 96/07 AS ER) und nachweisbaren (LSG Berlin-Brandenburg, Az: L 5 B 1347/07 AS ER) Pflichtverstößen des Arbeitslosen verhängen. Eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II ist dabei nur in Stufen zulässig, auch wenn die Arbeitsgemeinschaft dem Arbeitslosen gleich mehrere Verstöße auf einmal vorwirft (Sächsisches LSG, Az: L 2 B 497/07 AS-ER). Sanktionen sind auch nur gegen erwerbsfähige Leistungsempfänger erlaubt, nicht etwa gegen ihre Kinder (Sächsisches LSG, Az.: L 3 B 187/07 AS-ER).

Quelle: ntv.de

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