Ratgeber

Abmahnungen Blogger vor Gericht

Alles fing mit dem Werbespot eines großen Elektromarkts an. Im Januar 2006 platzte der Spot mitten in Rainer Bartels Lieblingssendung. Die aggressive Art und Weise der Werbung machte Bartel wütend - und er machte seinem Ärger prompt in seinem Weblog Luft.

Bartels Empörung war längst verklungen, als ein halbes Jahr später die böse Überraschung kam: Die Kaufhauskette und eine der Werbefiguren fühlten sich verletzt, forderten Unterlassung und mahnten ihn ab. Streitwert: 60.000,- Euro. Ein Fall, der vor Gericht endete.

Nicht nur die Summe erschien Bartel völlig absurd, sondern auch der lange Zeitraum, der zwischen Blogeintrag und Abmahnung lag. "Da verstreicht dass erstmal ein halbes Jahr bis jemand, vermutlich per Google, entdeckt, dass über ihn geschrieben worden ist." Die Forderung erwischte Bartel völlig unvorbereitet.

Häufige Stolperfallen

Abgemahnte Blogger - solche Fälle kennt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter zur Genüge. Die Stolperfallen sind immer wieder dieselben, daher sollten Blogger ein paar Grundregeln beachten.
Zum einen muss man immer vorsichtig sein mit dem, was man über seinen Arbeitsplatz und seinen Arbeitgeber schreibt. Hier gilt eine strenge Zurückhaltungspflicht. Zum anderen muss man sich immer fragen: "Kann ich das, was ich jetzt schreibe, einem anderen, über den ich schreibe, auch ins Gesicht sagen?" Wer in seinem Blog jemand anderen beschimpft, verletzt dessen Persönlichkeitsrechte, und wird früher oder später mit Post vom Anwalt rechnen müssen.

Schmal ist auch der Grat zwischen einer Tatsachenbehauptung und einer Meinungsäußerung. Schreibt ein Blogger etwa über ein Unternehmen, es würde seine Kunden "abzocken", muss er das auch beweisen können - im Zweifel vor Gericht. Und das kann teuer werden.

Gefährliche Kommentarfunktion

Weblogs funktionieren interaktiv: Leser können ihre Kommentare abgeben und miteinander kommunizieren. Die Kommentare sind für jeden sofort sichtbar - für den Betreiber der Seite ist das riskant, weiß Vetter: "Leider gibt es in Deutschland einige Gerichte, die Weblogs als gefährliche Werkzeuge betrachten, die man unter Kontrolle halten muss. Diese Gerichte meinen, dass man als Weblog-Betreiber für alle Kommentare, die Dritte einstellen, sofort und in vollem Umfang haftet."

Das Internet ist kein Selbstbedienungsladen. Wer sich in seinem Weblog mit fremden Federn schmückt und einfach Texte oder Fotos von anderen Seiten kopiert, verletzt damit Urheberrechte. Das kann nicht nur Unterlassungsansprüche auslösen, sondern auch so genannte Schadensersatzansprüche. Was das heißt erläutert Anwalt Vetter: "Man muss dann den Urheber vergüten, so wie er zum Beispiel als Journalist von der Zeitschrift, in der das Foto ursprünglich veröffentlicht war, bezahlt wird."

Auch wer nur privat ein Weblog schreibt, muss ein Impressum führen. Wenn es fehlt oder fehlerhaft ist, kann ein Bußgeld fällig werden. Ein einwandfreies Impressum umfasst den Vornamen und Namen des Betreibers, seine vollständige Anschrift und eine "elektronische Kontaktmöglichkeit", also etwa eine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer.

Erst durchatmen, dann bloggen

Trotz aller rechtlichen Hürden und Stolperfallen: Für Blogger wie Rainer Bartel ist das unzensierte Schreiben im Internet eine Leidenschaft. Mit sehr meinungsstarken Texten ist er allerdings etwas vorsichtiger geworden. Texte, in denen er seiner Wut auf bestimmte Personen freien Lauf lässt, gibt er jetzt einem Anwalt zum Gegenlesen. "Jetzt gibt es eine Instanz, die mich zensiert, falls ich wieder über die Stränge geschlagen habe. Dieses Vorgehen kann ich jedem dringend empfehlen."

Die Erkenntnis hatte ihren Preis. Vor Gericht konnte Rainer Bartel den Streitwert seiner Auseinandersetzung zwar drastisch senken. Doch insgesamt hat es ihn mehr als 5000,- Euro gekostet, bis er den Fall endlich abschließen konnte.

Quelle: ntv.de

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