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"Wirklich mein Kind?" Die Rechte von (Schein-)Vätern

Manchmal keimen erste Zweifel schon, wenn der Nachwuchs so gar keine Ähnlichkeit mit dem angeblichen Vater hat. Manchmal kommt das Misstrauen aber auch erst, wenn die Trennung ansteht und Unterhaltsfragen auf den Tisch kommen. Was macht man eigentlich, wenn man fürchtet, dass der Sprössling ein "Kuckuckskind" ist?

Ein Abstrich genügt, dann herrscht Gewissheit.

Ein Abstrich genügt, dann herrscht Gewissheit.

(Foto: picture alliance / dpa)

Über 4000 Euro hatte ein Mann an seine Ex-Freundin gezahlt, bevor klar wurde, dass sein vermeintliches Kind nicht sein biologischer Sohn ist. Letzte Woche entschied der Bundesgerichtshof, dass der Mann das Recht hat, zu erfahren, wer der wahre Vater ist. Nur so kann er sich nämlich sein Geld zurückholen.

Nicht immer enden Scheinvaterschaften vor Gericht, oft fliegen sie auch gar nicht auf. Zahlen zu nennen ist deshalb schwierig. Eine Meta-Analyse aus 67 weltweiten Studien zu dem Thema kommt auf eine Kuckuckskinder-Quote von zwei Prozent. In Deutschland dürften die Werte irgendwo zwischen vier und  zehn Prozent liegen. Doch was tun, wenn der Verdacht aufkeimt, dass der Nachwuchs gar nicht der eigene ist?

Im Zweifel immer der Ehemann

"Die Mutter ist immer sicher, der Vater ist immer ungewiss", wussten schon die alten Römer und legten fest, dass der Vater einfach derjenige ist, der mit der Mutter verheiratet ist. Geändert hat sich das bis heute nicht. Bei unehelichen Kindern ist gilt derjenige als Vater, der die Vaterschaft formell anerkannt hat. So war es auch im erwähnten BHG-Fall: Obwohl das Paar bereits getrennt war, wollte der Mann zunächst die Verantwortung für seinen vermeintlichen Nachwuchs übernehmen – bis Zweifel aufkamen, ob er überhaupt der Vater ist.

Wenn Väter im alten Rom der Herkunft ihrer Sprösslinge misstrauten, mussten sie die Ehelichkeit vor Gericht anfechten. Auch heute noch wird die Frage der Vaterschaft letztlich juristisch entschieden. Dafür stehen inzwischen sichere Beweismittel zur Verfügung: Musste man sich vor einigen Jahren noch mit Bluttests oder erbbiologischen Gutachten zufriedengeben, gilt inzwischen das Abstammungsgutachten per DNA-Test. Um eine Vaterschaft mit Sicherheit zu bestätigen oder auszuschließen, reicht ein Abstrich aus der Mundschleimhaut.

Heimlicher Test ist illegal

Die Versuchung ist groß, so einen DNA-Test heimlich durchzuführen, um Gewissheit zu erlangen. Das ist seit Anfang 2010 allerdings verboten. Sowohl dem Auftraggeber als auch dem Labor drohen hohe Geldstrafen, wenn sie DNA testen, ohne vorher das Einverständnis aller Beteiligten einzuholen. Bei minderjährigen Kindern müssen die Sorgeberechtigten zustimmen. In Österreich sind heimliche Tests zwar erlaubt, doch wer als Deutscher heimlich Proben schickt, macht sich trotzdem strafbar.  

Man muss die Mutter also zur Zustimmung bewegen – und kann sie notfalls auch dazu zwingen. Laut BGB § 1598 a haben Väter, aber auch Mütter und Kinder bei begründetem Verdacht einen Anspruch auf die Einwilligung zum Abstammungsgutachten auf eigene Kosten. Diese Einwilligung lässt sich notfalls auch vom Familiengericht erwirken. Ist die Familie bis dahin noch intakt, wird man sich diesen Schritt natürlich genau überlegen. Zudem sollte man bei der Wahl der Untersuchungslabors darauf achten, dass das Gutachten auch gerichtsfest ist.  

Vaterschaft anfechten

Nur so kann man das Untersuchungsergebnis nämlich auch für den nächsten Schritt verwenden: die Vaterschaftsanfechtung vorm Familiengericht. Wer die bisherige Vater-Kind-Beziehung offiziell auflösen will, muss triftige Verdachtsmomente liefern. Die bloße Feststellung "das Kind sieht gar nicht aus wie ich" hilft da nicht weiter. Eher schon das Argument, dass das Kind außerhalb der Ehe gezeugt oder geboren wurde. Auch eine Unfruchtbarkeit des Mannes im Empfängniszeitraum kann ein Grund sein. Oder die  konkrete Möglichkeit, dass das Kind mit einem anderen Mann gezeugt wurde, etwa weil die Frau eine Affäre einräumt.

Wichtig: Für die Anfechtungsklage bleibt nicht ewig Zeit. Wer erfährt, dass es Zweifel an der Abstammung gibt, muss die Vaterschaft innerhalb von zwei Jahren anfechten. Ansonsten bleibt er rechtlich der Vater des Kindes und kann sich nicht erst Jahre später aus der Verantwortung ziehen.

Sofern es bis zur Anfechtung kein Gutachten gab, wird das Gericht eins anordnen. Die Kosten werden meist auf beide Parteien verteilt. Bestätigt das Gutachten den Verdacht des Vaters, hat das schwerwiegende Folgen: Das bisherige Band zwischen Vater und Kind wird gelöst, das Kind hat keine Unterhaltsansprüche mehr gegen den Vater und später auch keine Erbansprüche.

Geld zurück holen

Möglicherweise nimmt die Mutter nun den biologischen Vater in die Verantwortung - so sie ihn denn kennt. Das kann auch der Scheinvater nutzen und den tatsächlichen Vater für bisher gezahlten Unterhalt in Regress nehmen, wie der BGH 2008 klarstellte. Bislang hatten Scheinväter aber kaum die Möglichkeit, ihr Geld zurückzuverlangen, wenn die Mutter den wahren Vater nicht preisgeben wollte. Nach dem jüngsten BGH-Urteil darf die Mutter in solchen Fällen nun nicht mehr schweigen. Dass der Scheinvater komplett entschädigt wird, ist aber nicht gesagt. Denn der biologische Vater wird im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten zur Kasse gebeten.  

Quelle: ntv.de

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