"Testsieger" und "Preishämmer" Etikettenschwindel im "Bild-Shop"
01.09.2010, 17:20 UhrMit dem "Bild"-Shop ist es wie mit der entsprechenden Zeitung: Man sollte die Inhalte mit Vorsicht betrachten. Das legt jedenfalls ein Test der Verbraucherzentrale NRW nahe. Etiketten wie "Publikumsliebling", "Testsieger" oder "Preishammer" halten der genaueren Prüfung nur selten stand.
Erst klebte die "Bildzeitung" ein "Volks"-Label auf alle möglichen Produkte, vom Handy bis zur Bibel. Im April machte sie dann ihren eigenen Versandhandel auf: Den "Bild"-Shop. Auf der Plattform präsentieren sich mit "Deutschlands Top 100" Produkte, "die man einfach haben muss". Sie müssen mindestens eines von zehn Kriterien erfüllen: Einige gelten als "Preishammer" oder "Neuheit", andere hätten als "Testsieger" überzeugt, wieder andere werden zum "Publikumsliebling" oder zum "Geheimtipp" hochgejubelt. Und wenn es sonst kein Alleinstellungsmerkmal gibt, dann ist ein Gerät einfach ein "Kultprodukt". Die Verbraucherzentrale NRW hat sich durchs Angebot gewühlt und dabei viele Merkwürdigkeiten gefunden.
Preishämmer sind Schaumschläger
Für die Stichprobe nahmen die Verbraucherschützer jedes zweite Produkt der "Top 100" genauer ins Visier. Dabei erwiesen sich schon die 16 "Preishämmer" fast durchweg als Schaumschläger. Billigere Angebote waren im Netz fast immer zu finden, im Schnitt ging es fast zehn Prozent günstiger. Nur in einem Fall war der "Bild".de-Preis nicht zu knacken: bei einem Speedstick fürs mobile Surfen im Internet von "Bild" selbst.
Staunen löste bei den Testern auch die Kategorie "Publikumsliebling" aus. In diese Rubrik gelangen laut Werbung nur Waren mit "echten Spitzen-Bewertungen von unseren Shop-Besuchern". Die scheinen allerdings ziemlich meinungssfaul zu sein. So schafften es Produkte schon mit einer einzigen positiven Bewertung in die Liste, drei kamen ganz ohne Lob dorthin.
Antiquierte Testsieger
Ungereimtheiten tauchten auch bei den im Shop empfohlenen "Testsiegern" und "Preis-Leistungs-Siegern" auf. Einige der Erfolge lagen bis zu fünf Jahre zurück – bei technischen Geräten entspricht das einer halben Ewigkeit. Ein Lautsprechersystem lockte mit einem drei Jahre alten Testsieg zum Kauf. Dabei hätte man nur mal nachfragen müssen, was die Kollegen von der "ComputerBild Spiele" von dem Produkt halten. Die bewerteten das System letzten Herbst nur noch mit "befriedigend".
Doch auch bei aktuelleren Ergebnissen ist man etwas großzügiger: Eine "Top-100"-Spiegelreflexkamera von Canon wurde als "Testsieger chip-online Jan. 2010" gefeiert. Tatsächlich rangiert sie dort aber nur auf Platz vier und ist in der aktuellen Bestenliste des Magazins inzwischen auf den elften Rang abgerutscht. Nach dem Hinweise der Verbraucherzentrale wurde die Kamera nun zum "Qualitätsknaller" umetikettiert.
Besser selber prüfen
Auch das "Geheimtipp"-Siegel erwies sich als fragwürdig. Ein "Energiespar-Tischkühlschrank" etwa bekam das Prädikat, weil er "deutlich weniger als herkömmliche Geräte" verbrauche. In einer Liste energiesparender Tischkühlschränke des Verbraucherzentrale Bundesverbands landet der "Geheimtipp" aus dem "Bild"-Shop aber nur auf Rang 42: mit einem Stromverbrauch von 179 Kilowattstunden im Jahr (kWh). Das günstigste Gerät der Liste benötigt gerade mal 126 kWh - und spart somit in 15 Jahren stolze 148 Euro an Stromkosten gegenüber dem "Geheimtipp".
Fazit: Mit dem "Bild-Shop" ist es wie mit der "Bild"-Zeitung. Man sollte nicht alles glauben.
Quelle: ntv.de, ino