Ratgeber

535 Euro reichen nicht Frauen in der Rentenfalle

Bis 1977 konnten Ehefrauen ohne Zustimmung ihres Gatten nicht einmal ein Bankkonto eröffnen. Vielleicht ist es also auch historisch bedingt, wenn sich viele Frauen immer noch um Finanzfragen herumdrücken. Dabei gäbe es Einiges zu regeln. Die Rente beispielsweise.

Viele Frauen blenden aus, dass ihnen im Alter eine gewaltige Rentenlücke droht.

Viele Frauen blenden aus, dass ihnen im Alter eine gewaltige Rentenlücke droht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Reisen, Hobbys pflegen und die neugewonnene Freizeit genießen, so stellt man sich gemeinhin die Zeit nach dem Berufsausstieg vor. Allein mit einer Rente von 535 Euro ist das allerdings schwer möglich. So viel bekommen Frauen im Schnitt von der gesetzlichen Rentenversicherung ausgezahlt, etwas mehr als die Hälfte dessen, was männliche Rentner zu erwarten haben. Wenig überraschend ist da das Ergebnis einer Postbank-Untersuchung, in der über 20 Prozent der Rentnerinnen ihre finanzielle Situation als "nicht ausreichend" beschrieben.

Umso alarmierender, was die Befragung zur privaten Altersvorsorge ergab: Selbst unter den berufstätigen Frauen legten gerade mal 46 Prozent etwas fürs Alter zurück, bei Männern waren es 57 Prozent. Unter jenen, die nichts verdienen – und das sind immer noch rund 30 Prozent der 20- bis 64-jährigen - dürfte der Anteil noch sehr viel geringer sein. "Dreifache Mutter, geschieden, nach der Geburt der Kinder bis zur Rente nur Teilzeit oder gar nicht berufstätig: So sehen immer noch viele Lebensläufe von Frauen aus", weiß Daniela Steinle von der R+V-Versicherung und nennt damit schon die wichtigsten Rentenfallen.

Weniger Arbeit, schlechter bezahlt

Fast 46 Prozent der berufstätigen Frauen sind in Deutschland Teilzeit berufstätig. Im EU-Durchschnitt liegt die Quote bei rund 31 Prozent, so die aktuellen Zahlen des statistischen Bundesamts. Gut die Hälfte der Frauen steckt wegen der Kinder beruflich zurück, rund 19 Prozent hätten gerne eine Vollzeitstelle, finden aber keine. Frauen arbeiten aber nicht nur weniger, sie sind auch schlechter bezahlt. Bei gleicher Arbeitszeit verdienen sie durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gerade ermittelt hat. Das ist auch eine Frage der Berufswahl: klassische "Frauenberufe", etwa im sozialen Bereich oder auch in einigen Geisteswissenschaften, werden oft schlechter bezahlt und bieten auch nicht so gute Aufstiegschancen wie Männerjobs. Wer  weniger verdient, bekommt weniger Rente.

Rente für Erziehungszeiten

Frauen verschieben die Altersvorsorge oft auf die Zeit nach dem ersten Kind.

Frauen verschieben die Altersvorsorge oft auf die Zeit nach dem ersten Kind.

(Foto: dpa)

Wenn ein Paar Kinder bekommt, ist es immer noch meistens die Frau, die zu Haus bleibt, um sich um den Nachwuchs zu kümmern. Für die Rente ist das zunächst nicht unbedingt schädlich. Während dieser Erziehungszeit wird die Mutter – oder der Vater – bei der Rentenversicherung so behandelt, als hätte sie aus dem Durchschnittsverdienst aller Arbeiter und Angestellten Beiträge gezahlt, auch wenn sie daneben noch weiter arbeitet. Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden wird die Erziehungszeit drei Jahre lang angerechnet, das macht fast 80 Euro mehr Rente. Bei älteren Kindern wird nur ein Jahr Erziehungszeit berücksichtigt.

Frauen, die auch über die Erziehungszeit hinaus zu Hause bleiben, riskieren allerdings deutliche Einschnitte bei der Rente. Wer nicht in den Beruf zurückkehren will, muss anderweitig vorsorgen - doch das ist schwierig ohne eigenes Einkommen. Die Lösung beim klassischen Alleinverdiener-Familienmodell ist es, die Altersvorsorge für die Frau aus der Familienkasse zu bezahlen. Doch das wird selten praktiziert – auch weil viele Frauen einen solchen Ausgleich für ihre Erziehungsarbeit gar nicht einfordern.

Auf Ehemann nicht immer Verlass

Ehefrauen verlassen sich viel zu sehr auf die Versorgung durch ihren Mann, so die Beobachtung vieler Finanzfachleute. Das ist auch historisch bedingt: Geld war lange Männersache, bis 1977 konnten Ehefrauen in der Bundesrepublik ohne Zustimmung ihres Mannes nicht einmal ein Bankkonto eröffnen. Doch zu glauben, mit der Rehe habe man ausgesorgt, ist verhängnisvoll. Schließlich steht auch Männern im Alter deutlich weniger Geld zur Verfügung: Nach 45 Beitragsjahren liegt das Rentenniveau derzeit etwa bei 47 Prozent des Bruttoeinkommens.

Zudem endet weit mehr als jede dritte Ehe vorm Scheidungsrichter. Beim Versorgungsausgleich zwar die Rentenansprüche geteilt – dies gilt aber nur für Ansprüche, die während der Ehe entstanden sind. Bei einer Scheidung nach 15 Jahren wäre das  also bestenfalls ein Drittel der Gesamtrente, die zwischen den ehemaligen Eheleuten aufgeteilt wird. "Unter Umständen bleibt da nicht viel Rente übrig", sagt Daniela Steinle. "Und auch die Witwenrente ist niedriger als man denkt, nämlich durchschnittlich rund 570 Euro." 

Besser spät als nie

Je früher man mit der privaten Vorsorge anfängt, desto besser, das gilt für Frauen genauso wie für Männer. Frauen neigen aber noch mehr zum Aufschieben, etwa weil sie fürchten, während einer Babypause keine regelmäßigen Beiträge zahlen zu können. Solche möglichen Unterbrechungen sind aber kein Grund, die Sache ganz zu lassen. Eine Riester-Rente etwa lässt sich schon mit 60 Euro Eigenbeitrag im Jahr abschließen. Auch mit über 50 Jahren kann sich ein Einstieg noch lohnen, insbesondere dann, wenn Geld zur Verfügung steht, etwa aus einer Erbschaft oder einer Abfindung. Am einfachsten ist es, Gehaltserhöhungen für die Altersvorsorge zu nutzen. Solange man sich nicht an das Mehr an Geld gewöhnt hat, ist es einfacher, darauf zu verzichten.    

Wichtig auch für Frauen: Berufsunfähigkeitsversicherung

Quelle: ntv.de

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