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BGH urteilt über Preiserhöhung Gasversorger winselt um Gnade

Welche Auswirkungen der gewonnene Prozess der Gasrebellen für Kunden hat, muss sich erst noch zeigen.

Welche Auswirkungen der gewonnene Prozess der Gasrebellen für Kunden hat, muss sich erst noch zeigen.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe steht vor einem weiteren Urteil zur Zulässigkeit von Preiserhöhungsklauseln bei Gaslieferverträgen. Im konkreten Fall geht es um Verträge des Bremer Versorgungsunternehmens swb, die die Berechtigung des Unternehmens enthielten, einseitig die Preise zu erhöhen. Auch der Prozessvertreter der swb räumte in Karlsruhe ein, dass die Klauseln nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam seien. Er warnte jedoch vor den finanziellen Folgen, die massenhafte Rückforderungen von gezahlten Gasgebühren für die Unternehmen haben könnten. Aus diesem Grund müsse der BGH erwägen, Rückforderungen von Kunden trotz der Unwirksamkeit der Erhöhungsklauseln auszuschließen.

 

Der Vorsitzende des 8. Zivilsenats des BGH, Wolfgang Ball, äußerte Zweifel an dieser Auffassung: "Kann der Einzelne einen Nachteil davon haben, dass der Vertragspartner eine unwirksame Klausel massenhaft verwendet hat? Wir sehen das kritisch." Er kündigte eine Entscheidung noch für Mittwochnachmittag an. Erst im Juli dieses Jahres hatte der BGH entschieden, dass Klauseln, mit der höhere Bezugspreise von Versorgern an ihre Kunden weitergegeben werden, auch die Verpflichtung enthalten müssen, Kostensenkungen weiterzugeben.

 

Die Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Bremen, Irmgard Czarnecki, sagte nach der Verhandlung: "Jetzt geht es der swb um den Versuch, trotz der Unwirksamkeit der Klausel nicht zu zahlen. Das kann ja nicht sein." Nach ihren Angaben hat die swb rund 140.000 Kunden, 30.000 davon hätten in der Vergangenheit Gaspreiserhöhungen widersprochen. Durchschnittlich gehe es in den Fällen um mögliche Rückforderungen von 400 bis 500 Euro.

 

Eon Hanse unterliegt Gasrebellen

 

Der regionale Versorger Eon Hanse hat den seit viereinhalb Jahren dauernden Hamburger "Gasrebellen-Prozess" verloren. Im Rechtsstreit um die Zulässigkeit einer Gaspreiserhöhung aus 2004 unterlag das Unternehmen vor dem Landgericht gegen 52 Kunden. Sie hatten die Erhöhung abgelehnt und waren mit einer von der Verbraucherzentrale Hamburg geförderten Sammelklage dagegen vorgegangen. Das Gericht gab den Klägern Recht. Die Klausel ihrer Verträge, die die Preiserhöhung regelte, sei insgesamt zu vage formuliert und deshalb unwirksam (Az: Landgericht Hamburg 301 o 32/05).

 

Die Verbraucherzentrale Hamburg sprach nach dem Urteil von einem "Sieg für alle Gaskunden in Deutschland". Da neben Eon Hanse viele weitere Anbieter ähnliche Klauseln verwendeten, hätten eventuell bis zu 17 Millionen Kunden Chancen, sich rückwirkend zu Unrecht gezahlte Preiserhöhungen zurückzuholen, sagte Geschäftsführer Günter Hörmann.

 

Eon Hanse kündigte Berufung an und widersprach der Einschätzung der Klägerseite energisch. Aus dem Urteil seien keine finanziellen Ansprüche abzuleiten, sagte ein Sprecher. Auch Folgen für Kunden anderer deutscher Unternehmen seien nicht erkennbar, da alle Firmen unterschiedliche Formulierungen in ihren Verträgen gebrauchten.

 

Erste bundesweite Sammelklage

 

Als bundesweit erste Sammelklage gegen Gaspreiserhöhungen hatte der Hamburger Prozess der 52 Gaskunden zu Beginn im Jahr 2005 große Aufmerksamkeit erregt. Inzwischen gab es aber schon Entscheidungen in ähnlichen Fällen unter anderem vor dem Landgericht Bremen. Auch der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat sich bereits mehrfach mit dem Thema befasst, zu dem sich erst in den vergangenen Jahren nach und nach erste Grundsätze der Rechtssprechung herauskristallisierten.

 

Grund für das ungewöhnliche lange Verfahren in der Hansestadt war unter anderem ein langer und zäher Streit zwischen den Parteien um die Offenlegung von unternehmensinternen Preiskalkulationen sowie ein Richterwechsel. Ursprünglich wollten Verbraucherzentrale und Kläger Eon Hanse zur Veröffentlichung seiner Berechnungen zwingen, um publikumswirksam nachzuweisen, dass der Anbieter trotz ohnehin hoher Gewinne die Preise erhöhte. Das Unternehmen bestreitet dies.

 

Unterschiedliche Auslegung

 

Wegen der unklaren und unverständlichen Formulierung der Klausel gebe es für das Gericht aber keine Veranlassung, die Preisgestaltung zu prüfen, sagte der Vorsitzende Richter zur Begründung. Nach den mittlerweile geltenden rechtlichen Maßstäben benachteilige dieser Passus die Verbraucher wegen seiner Intransparenz derart, dass er hinfällig sei und eine Preiserhöhung generell nicht begründen könne.

 

Allein in Hamburg haben der Verbraucherzentrale zufolge bisher rund 30.000 Eon-Hanse-Kunden Einspruch gegen Preiserhöhungen eingelegt. Nach Wertung des Eon-Hanse-Sprechers beruht die Entscheidung des Gerichts zur Gültigkeit der Preisanpassungsklausel dagegen auf "rein formalen Aspekten" mit Blick auf konkrete Formulierungen und führt nicht automatisch dazu, dass das Unternehmen steigende Kosten nicht weitergeben dürfe.

Vergleichsrechner - Gaspreise

Quelle: ntv.de, akl/dpa

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