"Kreativste Menschen des Planeten" Geldwäscher aktiv wie nie
02.09.2010, 11:11 UhrBaFin und BKA ermitteln immer öfter in Sachen Geldwäsche. Dabei haben sie es mit einfallsreichen Gegnern zu tun. In letzter Zeit rekrutieren die Geldwäscher verstärkt Privatpersonen und Kleinunternehmer für ihre Geschäfte. Die sind schwerer zu belangen.
Immer öfter müssen sich die Behörden mit Fällen von Geldwäscheverdacht auseinandersetzen. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Verdachtsanzeigen um 23 Prozent auf 9046, melden das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Der Trend setzt sich auch in diesem Jahr fort: Allein in den ersten sechs Monaten registrierten die Behörden fast 5000 Anzeigen. In den meisten Fällen ging es um Betrug, aber auch große Ermittlungskomplexe gegen die Organisierte Kriminalität wurden über den Geldwäscheverdacht angeschoben. In 98 Verfahren vermutete die Polizei verdeckte Finanzierung von terroristischen Gruppen.
Neue Gefahren sehen die BKA-Ermittler in internet- und handybasierten Zahlungssystemen, die teils anonymisierte Nutzung zuließen. Die Dienstleister sitzen meist in Irland oder Großbritannien und heuern auch in Deutschland unerfahrene Agenten an. Es handele sich durch die Bank um Kleinunternehmen wie Internet-Cafes oder Reisebüros, berichtet BaFin-Präsident Jochen Sanio. Bislang hätten sich rund 750 Agenten angemeldet. Der Trick: Die Kleinunternehmen unterliegen nicht der Finanzmarktregulierung, die BaFin kann alsi nichts gegen sie unternehmen. "Geldwäscher gehören zu den kreativsten Menschen auf diesem Planeten", so Sanio. "Sie wechseln laufend ihre Methode - das macht unsere Arbeit sehr schwierig."
Privatpersonen im Visier
Auffällig ist vor allem, dass immer öfter Privatpersonen für Geldwäschegeschäfte rekrutiert werden. Sie stellen gegen Provision ihre Konten für illegale Finanztransaktionen zur Verfügung. Im letzten Jahr wurden fast 2400 solcher Fälle angezeigt, 2008 waren es noch unter 1000. Finanzagenten werden häufig für den organisierten Internetbetrug angeworben, etwa um Gelder von Kunden bei Internetauktionen anzunehmen, die dann nie ihre Ware erhalten. Eine andere Masche ist die Nutzung von elektronischen Gutscheinen, sogenannten "Vouchers", mit denen Gelder aus "gephishten" Konten weitergeleitet werden. Die Interessenten werden per Arbeitsvertrag als "Repräsentant und Manager für Zahlungsbearbeitung und Warenverkehr" eingestellt.
BKA-Präsident Jörg Zierke warnt auch von den wachsenden Gefahren des Online-Bankings, das immer unsicherer werde. Betroffen seien Hunderttausende Bürger. Mittlerweile gebe es drei Familien von Computerspionageprogrammen, die im bislang "unvorstellbarem Ausmaß" gezielt das deutsche I-Tan-Verfahren angriffen, sagte Zierke, der seine Bankgeschäfte selbst lieber nicht im Netz abwickelt.
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa