Zwangsversteigerung Gut vorbereitet zum Eigenheim
28.06.2010, 11:41 UhrDes einen Freud ist des anderen Leid: Wächst dem einen die Finanzierung des Eigenheims über den Kopf, kann der andere auf ein Schnäppchen hoffen. Zwangsversteigerung heißt das Schlüsselwort.

Im Fall einer Zwangsversteigerung sollte der Immobilienbesitzer mit dem Käufer kooperieren - häufig lässt sich so ein besserer Preis erzielen.
(Foto: dpa)
Mehrere zehntausend Immobilien wechseln per Zwangsversteigerung jährlich den Besitzer. Wer zuschlagen will, sollte allerdings gut vorbereitet zum Gericht gehen. Zu den Hausaufgaben gehört der Probebesuch von Versteigerungen. "Ein paar Termine sollte man vorher angucken, um sich mit den Abläufen vertraut zu machen", rät Claudia Kammermeier, Sprecherin des Bunds deutscher Rechtspfleger.
Interessenten sollten während der Übungstermine sowohl auf den Ablauf achten als auch auf mit der Immobilie verknüpfte besondere Anforderungen, die zur Sprache kommen können. Kammermeiers Tipp lautet: In eine Versteigerung wird mindestens genau so viel Zeit investiert wie in einen Hauskauf.
Amtsgerichte informieren über Termine
Verantwortlich für Zwangsversteigerungen sind die Amtsgerichte. Interessenten haben mehrere Möglichkeiten, sich über Termine zu informieren: Erstens über den Aushang beim Gericht. Dies hat den Vorteil, dass die Ankündigung in der Regel früh erfolgt und Zeit zum Vorbereiten bleibt. Zweitens per Zeitungsinserat. Solche Annoncen finden sich - oft als schwarzumrandete Kästen mit der Überschrift "Zwangsversteigerung" - häufig im Immobilienteil. Beide Varianten enthalten über das Datum hinaus eine knappe Beschreibung der Immobilie, ihres Verkehrswerts und der Sicherheiten, die der Bieter bei der Versteigerung vorlegen muss.
Eine dritte Informationsmöglichkeit ist das Internet. Unter der Adresse www.zvg-portal.de beispielsweise veröffentlichen zahlreiche Gerichte ihre Versteigerungstermine. Die Nutzung der von den Justizverwaltungen der Bundesländer betriebene Seite ist kostenlos. Dort bekommen Verbraucher auch detaillierte Auskünfte zum Verfahren.
Aktenzeichen notieren und Gutachten lesen

Mehrere zehntausend Immobilien wechseln jährlich durch eine Versteigerung den Besitzer.
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Ist ein interessantes Objekt gefunden, empfiehlt der Fachbuchautor Günter Mayer als nächsten Schritt Adresse, Ansprechpartner und Aktenzeichen zu notieren. "Wenn später Fragen zu stellen sind, geht ohne Aktenzeichen nichts", weiß Mayer aus seiner früheren Rechtspfleger-Praxis. Danach ist es Zeit zur Besichtigung. Zumindest von Außen sollten sich Bieter ein Bild machen.
Der Verband Privater Bauherren (VPB) rät, einen Bausachverständigen mitzunehmen. "Er kann neuralgische Punkte wie Feuchtigkeit, Fenster, Umbauten erkennen", sagt Sprecherin Eva Reinhold-Postina. Ein Blick ins Innere ist nur mit der Erlaubnis des Eigentümers möglich. Bei Eigentumswohnungen empfiehlt sie ein Gespräch mit dem Verwalter, um Näheres über Umlage, geplante Umbauten, Sanierungen oder mögliche Probleme zu erfahren.
Ein weiteres Muss ist das Lesen des Sachverständigen-Gutachtens, das im Gericht eingesehen werden kann. Im Unterschied zum Interessenten hat der Gutachter Haus oder Wohnungen in der Regel auch von innen gesehen. Er listet unter anderem Knackpunkte auf wie Wegerechte oder das lebenslange Wohnrecht für Oma und Opa. Weil dafür erst im Versteigerungstermin konkrete Summen verkündet werden, "muss man aufpassen und dies beim Gebot einkalkulieren", sagt Kammermeier.
Sich selbst Höchstgebotsgrenze setzen
Wer 100.000 Euro ausgeben will, die Rechte aber mit 50.000 Euro zu Buche schlagen, sollte nur ein Gebot über 50.000 Euro abgeben. Wichtig ist deshalb: "Jeder muss seine Höchstgrenze vorher ausloten. Sich ganz klar zu Hause eine Grenze setzen, damit er sich nicht mitreißen lässt, wenn es hoch hergeht." In dem Fall droht dem neuen Eigentümer das Schicksal des Vorgängers: der finanzielle Ruin.
Die Hoffnung, das ersteigerte Heim sofort nutzen zu können, kann trügen. Rechtsanwalt Hans Dieter Matschke erläutert: "Einem Wohnungsmieter kann nur wegen Eigenbedarf gekündigt werden. Die Zwangsversteigerung allein reicht nicht zur Begründung." Kommt eine Immobilie im Rahmen einer freiwilligen "Teilungsversteigerung" - sie ist bei Erbschafts- oder Scheidungsstreit und Firmenauflösungen gängig - unter den Hammer, gilt der Mietvertrag einfach weiter. Für solche Eventualitäten sollte ein "Sicherheitsabschlag" einkalkuliert werden.
Ein beliebter Streitpunkt sind Matschke zufolge Einbauten wie Küche oder Sauna. Was passiert, wenn sie beim Zuschlag noch drin waren, später aber verschwinden oder das Haus gar demoliert wird? Eine Gewährleistung gebe es nicht, so der Anwalt. Ob unentdeckter Schwamm im Haus oder ein marodes Dach - nach dem Zuschlag ist dies grundsätzlich allein das Problem des Erwerbers. Die Frage, "Ist das Objekt sein Geld angesichts solcher Risiken wert?" sollte sich deshalb jeder Bieter vorher stellen.
Quelle: ntv.de, dpa