Hähnchenbrustfilet im Test Gute Ware, schlechtes Gewissen
24.09.2010, 08:17 UhrDie Deutsche lieben Hähnchenbrustfilet. Auch, weil sie dafür so wenig zahlen müssen. Gute Qualität bekommen sie trotzdem oft, so das Fazit der Stiftung Warentest, die sich diesmal auch in Mastanlagen und Schlachtfabriken umgesehen hat. Den Preis für den Billigkonsum zahlen die Tiere.
Es ist nicht sonderlich geschmacksintensiv, fettarm und lässt sich auch von Küchen-Banausen leicht zubereiten: Hähnchenbrustfilet. Das Federvieh steht hoch im Kurs, rund elf Kilo Hähnchenfleisch isst jeder Deutsche im Jahr. Das liegt auch daran, dass das Fleisch extrem billig ist, eine 200 Gramm-Packung ist beim Discounter für einen Euro zu haben. Die industrielle Massenproduktion macht's möglich.
Die Stiftung Warentest hat für die Oktober-Ausgabe des "Test"-Hefts intensiv mit dem Geflügel-Thema beschäftigt und Hähnchenbrustfilets nicht nur auf ihre sensorische Qualität hin geprüft, sondern auch auf die Herkunft geachtet. Neun der 19 Produkte kann man sich demnach schmecken lassen – sofern einem angesichts der Produktionsmethoden nicht der Appetit vergeht. In Aussehen, Geruch und Geschmack ließen die neun "gut" bewerteten Produkte kaum zu wünschen übrig. Mit "Naturkind Bio" von Kaiser's Tengelmann, Rewes "Biofarm", "Landjunker von Lidl und dem "Premium-Frischgeflügel" von Netto teilen sich zwei Bioanbieter und zwei Discounter die Spitzenplätze. Geschmacksunterschiede konnten die Tester dabei kaum ausmachen.
Zu eklig zum Verzehr
Acht Angebote schnitten lediglich "befriedigend" oder "ausreichend" ab. Sie waren zum Verbrauchsdatum nicht mehr frisch und wiesen zum Teil recht hohe Bakterienkonzentrationen auf. Zweimal schreckten die Tester davor zurück, die zubereiteten Filets zu essen: Die Hähnchenbrüste von Friki und Norma waren verdorben und wurden deshalb mit "mangelhaft" bewertet.
Wer Hähnchenbrust für fünf Euro das Kilo essen will, muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass das Fleisch nicht von glücklichen Freilandhühnern stammen kann. Die Warentester haben sich auch auf den Schlachthöfen und in den Mastbetrieben der Hersteller umgesehen – sofern diese ihnen überhaupt Zugang gewährten Bei Karstadt Feinkost und Maitre CoQ war das nicht der Fall.
Wer billig will, nimmt Leid in Kauf
Wer wissen will, wo sein Hähnchenschnitzel herkommt, braucht starke Nerven, so das Fazit der Kontrolleure. Das traurige Hühner-Schicksal beginnt schon bei der Mast. Die Züchtung ist inzwischen so weit, dass die Tiere schon nach 28 bis 40 Tagen Schlachtreife erreichen. Wenn sie bis dahin überhaupt überleben. Weil die Entwicklung von Skelett, Herzkreislaufsystem und inneren Organen mit dem Muskelwachstum nicht Schritt hält, sterben fünf Prozent der Tiere, bevor sie die industriellen Schachtanlagen erreichen, manche verhungern, weil ihre Beine so entzündet sind, dass sie das Futter nicht erreichen.
Auch Tiere aus Biohaltung müssen sterben und auch sie werden dafür kopfüber an Haken gehängt und dann maschinell enthauptet. Die Aufzucht verläuft aber tierfreundlicher. Bio-Hühner wachsen langsamer und werden deshalb seltener krank, zudem haben sie mehr Platz und können auch ins Freie. Die vier Bio-Anbieter im Test erreichen deshalb gute Wertungen im CSR-Test, also der Bewertung der Corporate Social Responsibility. Die Bio-Hähnchen von Wiesenhof konnten dabei allerdings nicht einbezogen werden, weil sie der Hersteller inzwischen an ein anderes Unternehmen ausgelagert hat.
Quelle: ntv.de, ino