Flugzeugfonds Im Steilflug nach oben
23.08.2007, 10:25 Uhr17. Dezember 1903, North Carolina. Den Brüdern Orville und Wilbur Wright gelingt der erste Motor-Flug mit ihrem Doppeldecker "Wrightflyer". Der trägt ganze 36 Meter und macht damit den Weg für die Luftfahrtindustrie frei. Heute gilt beim Fliegen die Devise: Weiter, höher, schneller - und vor allem: öfter. Aktuell blickt die Branche in eine rosige Zukunft. Die Flugzeugbauer erhalten mehr Aufträge als je zuvor. Kein Wunder: Experten rechnen mit fünf Prozent mehr Passagieren pro Jahr - und das auf lange Sicht. Weil die neuen Flieger auch finanziert werden müssen, steht eine Renaissance der Flugzeugfonds bevor. Diese waren noch vor wenigen Jahren als Steuersparmodelle beliebt. Nachdem die Vergünstigungen abgeschafft worden waren, ließ auch das Interesse der Anleger nach. Jetzt geht es wieder aufwärts.
Das Prinzip ist einfach: Eine Airline braucht ein neues Flugzeug, will oder kann es aber nicht selbst bezahlen. Der Fonds dagegen schon: Mit dem Geld der Anleger kauft er die Maschine.
Für die Wiederbelebung des Marktsegmentes sorgt beispielsweise das Emissionshaus Lloyd: Gerade wurde der neue Flugzeugfonds mit dem Namen "Emmeline" aufgelegt. Der Fonds ist Eigentümer des gleichnamigen Flugzeugs und verleast es zwölf Jahre lang an die Fluggesellschaft Virgin Atlantic. Diese kümmert sich um die Wartung des Flugzeugs und die Einhaltung internationaler Kontrollen. Läuft der Mietvertrag aus, kann der Airbus A340-600 erneut verleast und schließlich - nach rund 16 Jahren - verkauft werden.
Das Absturzrisiko
Läuft alles nach Plan, haben die Anleger ihr eingesetztes Kapital am Ende mehr als verdoppelt: Ein durchaus attraktives Modell, findet auch Peter Kastell von Fondsmedia. Das Analyse-Institut hat Emmeline auf Herz und Nieren geprüft. Die geplanten Auszahlungen von sieben bis acht Prozent bewertet er als relativ hoch. Die Risken seien dagegen überschaubar: "Betriebskosten und technische Ausfälle gehen zu Lasten des Leasingnehmers. Damit hält sich das Risiko im Vergleich zu Schiffsfonds oder geschlossenen Immobilienfonds in Grenzen", so Kastell.
Geht doch was schief, können die Anleger ihren Anteil aber nicht einfach zurückgeben oder verkaufen - wie bei allen geschlossenen Fonds sind sie in der Regel bis zum Ende der Laufzeit an das Schicksal des Fonds gebunden. "Wer in Flugzeugfonds investiert, geht eine unternehmerische Beteiligung ein und muss wie ein Unternehmer Risiken tragen", betont Markus Zschaber von der V.V.Z. Vermögensberatung. Hauptrisiko: Der Leasingnehmer geht Pleite oder kann seine Leasingraten nicht mehr bezahlen. Bei renommierten Airlines ist das unwahrscheinlich - es sei denn, der gesamte Markt bricht ein, wie nach den Terroranschlägen 2001. "Unvorhersehbare Faktoren können dazu führen, dass sich das ganze Marktumfeld negativ entwickelt" warnt Kastell. In einem solchen Fall gucken Anleger in die Röhre.
Flieger werden knapp
Damit rechnet im Moment anscheinend kaum jemand - der Run auf Emmeline hat selbst Lloydfonds-Chef Torsten Teichert überrascht. Nun sollen weitere Flugzeugfonds folgen. Doch geeignete Flieger zu fairem Preis sind schwer zu finden: "Die Nachfrage ist im Moment eindeutig größer als das Angebot. Flugzeugfonds sind offenbar wieder im Trend", stellt Teichert fest. Trotz der guten Renditeaussichten sollten sich Anleger gut überlegen, ob sie mit an Bord gehen. Börsenneulinge sollten von Flugzeugfonds die Finger lassen, empfiehlt Markus Zschaber. Außerdem sei ein langfristiger Zeithorizont erforderlich: "Das Geld liegt acht bis zwölf Jahre fest."
Die Gebrüder Wright haben sich ihr erstes Fluggerät übrigens selbst finanziert: Mit den Überschüssen aus ihrer Fahrrad-Werkstatt. Für ein modernes Großflugzeug würde das heute vermutlich nicht mehr reichen.
Quelle: ntv.de