Ratgeber

Headhunter Jagdsaison hat begonnen

Von Isabell No

Stellenmarktrecherche, Bewerbungsschreiben, seitenlange Onlineformulare - bis zum neuen Job müssen Bewerber einen enormen Aufwand betreiben. Doch es gibt eine, zugegeben unzuverlässige, Alternative zum Suchen: Sich finden lassen.

Das Geschäft der Headhunter boomt. Im vergangenen Jahr fahndeten sie rund 58.000 Mal nach geeigneten Kandidaten. Angesichts der guten Konjunktur sind viele Branchen auf Expansionskurs, der Bedarf an neuen Mitarbeitern wächst. "Hinzu kommt, dass sich die Verweildauer von Führungskräften in den Vorstands- und Geschäftsetagen verkürzt hat", sagt Joachim Staude, Vizepräsident des Bundes Deutscher Unternehmensberater. Heiß begehrt sind Vertriebsspezialisten und Marketingexperten mit internationaler Erfahrung. Auch Ingenieure sind gefragt. In den Bereichen Maschinenbau und Elektrotechnik ist der Markt fast leergefegt, deshalb suchen die Personaler bei den professionellen Vermittlern Hilfe. Gerieten noch vor einigen Jahren ausschließlich Führungskräfte ins Visier der Headhunter, fahndet man mittlerweile auch nach Fachkräften der unteren Ebenen. Auftraggeber sind bei weitem nicht nur Großkonzerne. Die Hälfte des Umsatzes der Personalberater entsteht durch mittelständische Unternehmen.

Persönlichkeit entscheidet

Bevor der Headhunter die Suche beginnt, sieht er sich bei seinem Auftraggeber um. "Schließlich soll der neue Mitarbeiter nicht nur die fachlichen Qualifikationen erfüllen, sondern auch mit der Unternehmenskultur zurechtkommen", sagt Michael Heidelberger von der Personalberatung Neumann Partners. "Niemanden wird es lange im Unternehmen halten, wenn die persönliche Ebene nicht stimmt." Weiß der Headhunter dann, wen er sucht, nimmt er die Fährte auf. Optimalerweise kennt er sich in der Branche aus und kann auf ein Netzwerk zurückgreifen. Wo Kontakte nicht weiterführen, helfen oft Recherchen in Fachzeitschriften und Kongressprogrammen.

Researcher, die Zuarbeiter der Headhunter, finden heraus, wie und wo die Zielpersonen zu erreichen sind und stellen oft auch den ersten Kontakt her. Der beginnt in der Regel mit einem Anruf im Büro und der Frage: "Können Sie frei sprechen?" Ob der Kandidat für den Posten in Frage kommt, ist zu diesem Zeitpunkt aber noch lange nicht entschieden. Das stellt sich erst im ausführlicheren Dialog heraus. Zwischen zehn und 200 Mal muss der Personalberater zum Hörer greifen, bis er seinem Auftraggeber einen oder mehrere Bewerber präsentieren kann. Für den Angesprochenen ist der Kontakt mit dem Headhunter aber auch dann eine Chance, wenn er nicht auf die ausgeschriebene Stelle passt. Denn der Headhunter sieht nicht nur das Unternehmen als Kunden, sondern auch den Kandidaten, mit dem er berufliche Perspektiven entwickelt. Insofern ist ein guter Headhunter gleichzeitig ein persönlicher Karriereberater.

Sich selbst zum Freiwild machen

Deshalb ist es gar nicht so abwegig, sich selbst ins Spiel zu bringen. Bei den meisten Personalberatern sind Initiativbewerbungen willkommen. Eine Rundum-Betreuung können die Abwerbungswilligen aber nicht erwarten. Schließlich sind Headhunter keine Arbeitsvermittler. Eine unmittelbare Reaktion ist unwahrscheinlich, es sei denn, der Bewerber passt zufällig in ein aktuelles Suchprofil. Wer aber langfristige Veränderungsbereitschaft mitbringt, ist in einer Headhunter-Kartei gut aufgehoben. Dabei ist die sorgfältige Auswahl des Rekrutierungsunternehmens entscheidend. Wer seinen Lebenslauf nach dem Prinzip "viel hilft viel" an dreißig verschiedene Beratungsfirmen verschickt, disqualifiziert sich selbst, weiß Personal-Profi Heidelberger. "Das spricht sich schnell herum, und senkt den Marktwert." Sinnvoller ist es, gezielt zwei bis drei Ansprechpartner zu suchen. Möglichst solche, die einen Schwerpunkt auf die entsprechende Branche setzen.

Gelassen bleiben

Wenn der Headhunter dann klingelt, ist Gelassenheit gefragt. Soft Skills beweisen sich schließlich schon bei der Art der Gesprächsführung. Die Frage, wie man ausgerechnet auf ihn kommt, verkneift sich der Angesprochene am besten. Sie wirkt unprofessionell - wer in einer Branche gute Arbeit leistet, ist schließlich bekannt. Manch einer fühlt sich geschmeichelt, wenn ein Headhunter Interesse signalisiert. Aber Vorsicht: Eigenlob ist jetzt komplett fehl am Platz und katapultiert den Kandidaten sofort ins Abseits. Beim ersten Anruf wird lediglich geprüft, ob die Zielperson überhaupt ins Profil passen könnte - von einem Abwerbeversuch ist man da noch weit entfernt.

Wer sich nicht selbst beim Headhunter beworben hat, ist von der Direktansprache möglicherweise überrumpelt. Trotzdem sollte man nicht vergessen, den Anrufer um seine Kontaktdaten zu bitten. Bevor man in längeren Sondierungsgespräch persönliche Informationen preisgibt, sollte man recherchieren, ob es sich um einen seriösen Personalvermittler handelt. Denn auch in der Headhunterbranche gibt es schwarze Schafe, die beispielsweise ohne einen konkreten Vermittlungsauftrag Daten sammeln. Für einen seriösen Berater ist Diskretion selbstverständlich.

Das große Halali

Irgendwann im Rahmen des Beratungsprozesses kommt natürlich auch das Thema Gehalt zur Sprache. Alles eine Sache von Angebot und Nachfrage - und momentan spricht die Marktsituation eindeutig für die Arbeitnehmer. Gehaltssprünge von bis zu 20 Prozent sind für umworbene Fach- und Führungskräfte nicht unrealistisch. Bei derartigen Anreizen steigt auch die Wechselbereitschaft. "Nach dem Konjunktureinbruch 2001 klebten die Leute auf ihren Stühlen, das Risiko, einen sicheren Arbeitsplatz aufzugeben war ihnen zu hoch", hat Heidelberger beobachtet. Inzwischen hat die Personalberaterbranche den Rekordumsatz aus dem Jahr 2000 überschritten.

Bei so hohem Mitarbeiterbedarf kommen auch jene zum Zug, die früher durchs Raster der Headhunter fielen. So haben jetzt nicht nur Kräfte jenseits der 50 Chancen, sondern auch gut ausgebildete Arbeitslose. Sie können die Personalberatung gezielt in ihr Bewerbungskonzept einbauen. Berufsanfänger können sich die Initiativbewerbung allerdings erst einmal sparen. Ihnen fehlt, was Headhunter suchen: Erfahrung.

Quelle: ntv.de

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