Momentum-Anlagestrategie Jetzt aus Aktien austeigen?
04.04.2007, 07:42 UhrZug für Zug und mit Berechnung zum Ziel - als Schachlehrer ist es Ralf Goerke gewohnt, die kommenden Schritte vorauszuplanen. Auch bei der Geldanlage mag der technische Analyst nichts dem Zufall überlassen. Bei der Auswahl von Investments setzt er auf eine Momentum-Strategie. "An der Börse existiert das Phänomen der Trendkontinuität. Es lässt sich sehr häufig beobachten, dass Aktien, die eine Richtung eingeschlagen haben, diesen Trend über einen längeren Zeitraum fortsetzen. Und nach diesem Prinzip richtet sich die Momentum-Strategie, sich diesem Trend anzuhängen", erläutert Goerke.
Momentum-Investoren folgen bestehenden Trends. Grob vereinfacht setzen sie auf Werte, die bereits Fahrt aufgenommen haben. Der Hintergedanke: Einmal angeschoben, lässt sich schneller Geschwindigkeit aufbauen als aus dem Stand. Das Momentum sagt, wie stark sich ein Wert in welche Richtung bewegt hat. "Das Momentum ist grundsätzlich ein Quotient, der derart ausgerechnet wird, dass das aktuelle Kursniveau ins Verhältnis gesetzt wird zu einem Kursniveau der Vergangenheit oder auch zu einem durchsnittlichen Kursniveau der Vergangenheit", erklärt Goerke.
Autowerte unter Favoriten
Liegt der aktuelle Kurs über dem Kurs der Vergangenheit, ist das Momentum größer eins - die Aktie befindet sich in einem Aufwärtstrend. Analog signalisiert ein Momentum kleiner eins einen Abwärtstrend. Die genauen Werte der Dax-30-Unternehmen hat Goerke in Ranglisten zusammengestellt. Den stärksten Aufwärtstrend zeigen aktuell Volkswagen, Daimler-Chrysler und die Deutsche Börse.
Wohin die Börse geht, lässt sich auch für jedes Land der Welt und für jeden Einzelindex berechnen. Besonders trendstark zeigt sich der chinesische Shanghai composite, gefolgt vom deutschen Tech-Dax. Der Dax dagegen rangiert nur auf Platz 27 und weist nur noch ein schwaches positives Momentum auf. "Der große Vorteil aus der Sicht des Anlegers ist der, dass er über solche Relative-Stärke-Ranglisten die Märkte miteinander vergleichbar machen kann hinsichtlich ihrer Trendrichtung und auch hinsichtlich ihrer Trendintensität und hat somit die Möglichkeit, gerade in den trendstarken Märkten investiert zu sein", weiß Goerke.
Doch Vorsicht: Was hoch steigt, kann auch tief fallen. Sinkt das durchschnittliche Momentum auf einen Wert unter eins, zeigt die Börsenampel rot - alles wird verkauft. Erst bei positivem Aktienklima steigt Goerke wieder ein. Grünes Licht gab sein Indikator zuletzt am 8. September vergangenen Jahres. Damals zeigten Volkswagen, Lufthansa und die Deutsche Börse das stärkste Momentum. Resultat: Ein Depot mit diesen drei Werten ist seitdem um 58 Prozent gestiegen. Der Dax dagegen hat im gleichen Zeitraum nur um 19 Prozent zugelegt.
Aktualisierung einmal pro Woche
Die Aktualisierung der Listen nach denen das Depot geführt wird, wird einmal pro Woche vorgenommen. Das ist also kein großer Zeitaufwand. Das Depot muss, da es sich um eine mittel - bis langfristige Strategie handelt, nur alle paar Wochen angepasst werden. "Es ist also für einen Anleger gedacht, der auf Sicht von Wochen oder Monaten in der richtigen Trendphase investiert sein möchten", meint Goerke.
Die Langzeitbilanz kann sich sehen lassen. Knapp 200 Prozent in zwölf Jahren schaffte der Dax, 1400 Prozent dagegen das Momentum-Depot. In der Baissephase 2000 bis 2003 waren Anleger mit dieser Strategie größtenteils gar nicht investiert. Eine Auszeit könnte Anlegern auch jetzt wieder drohen. Das weltweite Börsenklima jedenfalls ist inzwischen wieder negativ, das Börsenklima in Deutschland verschlechtert sich - wer dem Indikator folgt, steigt aus.
Quelle: ntv.de