Hartz IV ist Privatsache Jobcenter muss diskret sein
25.01.2012, 16:25 UhrWeil das Jobcenter beim Vermieter anrief, kam eine Familie in Teufels Küche. Bald wusste nämlich das ganze Dorf, was sie bislang für sich behalten hatten: Dass das Einkommen mit Hartz IV aufgestockt werden musste. Jetzt stellt das Bundessozialgericht klar: Hartz IV-Empfänger haben ein Recht darauf, dass mit ihren Daten vertraulich umgegangen wird.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat den Sozialdatenschutz für Hartz IV-Empfänger gestärkt. Ein Jobcenter darf nicht ohne weiteres Informationen über Hartz IV-Empfänger weitergeben, urteilte der 14. Senat. Geklagt hatte eine Hartz IV-Familie, die aus einem Haus ausgezogen war (Az: B 14 AS 65/11 R).
Das zuständige Jobcenter hatte ohne Rückfrage bei der Familie beim bisherigen Vermieter angefragt, wann mit der Rückzahlung der Kaution zu rechnen sei. Durch das Schreiben erfuhr der Vermieter davon, dass die Familie Hartz IV als Aufstocker-Leistung bezog, weil das Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reichte. Bald darauf habe das ganze Dorf gewusst, dass sie Hartz IV-Empfänger sind, klagte die Familie. Sie seien "Hohn und Spott" ausgesetzt gewesen.
Das Sozialgericht in Freiburg hatte die Klage der Hartz IV-Familie zunächst abgewiesen, das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg die Berufung zurückgewiesen. Die Kasseler Richter sahen dagegen in dem Fall den Sozialdatenschutz verletzt und hoben das Urteil des LSG auf.
Die höchsten deutschen Sozialrichter folgten den Argumenten der Kläger-Familie: Das Jobcenter habe unbefugt Sozialgeheimnisse, wie den Bezug von Hartz IV, offenbart. Dies hätte nicht ohne vorherige Zustimmung der Betroffenen geschehen dürfen Der Anwalt der Familie kündigte an, er werde nun mit seinen Mandanten klären, ob sie Klagen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen das Jobcenter einreichen wollen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa