Ratgeber

Gefälschte Produkte "Käufer sollten bestraft werden"

Durch Produktpiraterie entstehen der deutschen Wirtschaft jährlich Schäden im Milliardenhöhe. Die Fälschungen treiben skurrile Blüten. Nachgemachte Viagra-Tabletten sind teurer als Heroin.

Original und Fälschung.

Original und Fälschung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Kampf gegen Produktpiraten hat der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM) ein härteres Vorgehen gegen Fälscher gefordert. Außerdem verlangte der APM-Vorsitzender Rüdiger Stihl Bußgelder für Verbraucher, die gefälschte Produkte kaufen. "Produkt- und Markenpiraterie ist das Krebsgeschwür der Globalisierung. Die Krankheit nimmt immer stärkere Ausmaße an." Nach einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums entstehe in Deutschland in jedem Jahr ein Schaden von 50 Milliarden Euro. Der Schaden werde in den kommenden Jahren eher zunehmen.

"Produktfälscher sind Teil der organisierten Kriminalität. Da gibt es enorme Gewinnspannen. Das Risiko entdeckt zu werden ist gering", sagte Stihl, der auch Mitglied des Aufsichtsrats des gleichnamigen Motorsägenherstellers mit Sitz in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) ist. So bekomme ein Händler für ein Kilogramm Heroin auf dem Schwarzmarkt rund 50.000 Euro, für das Kilogramm nachgemachte Viagra-Tabletten rund 90.000 Euro.

Die Strafe von maximal fünf Jahren Haft für gewerbsmäßige Fälscher sei zu gering. "Sie müssten für mehrere Jahre hinter Schloss und Riegel kommen. Die bisherige Strafandrohung reicht nicht aus." Die Höchststrafe wird nach Angaben von Experten nur sehr selten verhängt.

Der Motorsägenhersteller hat auch immer wieder mit nachgemachten Produkten zu kämpfen. Das Problem habe seit den 1980er Jahren zugenommen. Fälscher kopieren nach Verbandsangaben alles: Alltägliche Produkte wie Taschentücher, Kosmetika und Arzneimittel, elektrische Geräte jeder Art wie Wasserkocher, Rauchmelder bis hin zu kompletten Anlagen und Maschinen.

Kritik an Schnäppchenmentalität

Stihl beklagte eine Ignoranz von Verbrauchern, die beispielsweise Plagiate ohne Scheu im Urlaub kaufen würden. "Es ist gesellschaftsfähig geworden, gefälschte Produkte zu kaufen. Daran ist sicherlich auch die Schnäppchenmentalität mitschuldig."

Gegen ertappte Verbraucher forderte Stihl die Verhängung eines "milden Bußgeldes". "Autofahrer werden auch bestraft, wenn sie ohne Sicherheitsgurt unterwegs sind." Wenn der deutsche Zoll gefälschte Produkte finde, sollte er diese auch bei rein privatem Gebrauch einziehen können wie in der Schweiz. Ein neuer Trend sei der Versand von Kleinmengen von entsprechender Ware per Post. "Der Vertriebsweg ist anonym und stellt uns vor neue Herausforderungen." Die Ware werde vermehrt auch über Internetplattformen verkauft. "Es ist nicht einfach, den Vertriebsweg Internet zu stoppen."

Verkauf im Internet relativ problemlos möglich

"Die Zusammenarbeit mit Onlineplattformen könnte besser sein. Zwar wird die gefälschte Ware auf Antrag des Rechteinhabers aus dem Angebot entfernt, aber der Anbieter kann oftmals andere Angebote weiter einstellen." Ein Verkäufer, der gefälschte Ware einstelle sollte eine bestimmte Zeit mit einem Handelsverbot belegt werden, forderte der Unternehmer. "Außerdem sollten die Internetplattformen mehr in die Pflicht genommen werden."

Textilien und Uhren werden an der deutschen Grenze laut Stihl am meisten aufgegriffen. An dritter Stelle der gefälschten Waren kommen Arzneimittel. Diese kommen häufig aus Indien. "Die Gesundheit oder das Leben der Menschen sind gefährdet, wenn in den Mitteln keine Wirkstoffe enthalten oder gar gefährlich sind." Stihl verwies auf Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wonach inzwischen rund 50 Prozent aller über das Internet verkauften Medikamente über illegale Homepages gefälscht sind.

Von China werden die Länder regelrecht mit nachgemachten Produkten überschwemmt. Stihl sagte: "Mehr als 60 Prozent aller an den EU- Außengrenzen aufgegriffenen gefälschten Waren kommen aus China." Der Verband APM will mit Hilfe einer Wanderausstellung die Bevölkerung über die Gefahren der Produktfälscher aufklären. Zurzeit ist sie noch bis zum 11. September im Breuningerland Ludwigsburg zu sehen.

Quelle: ntv.de, dpa

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