Auf dem Arbeitsweg überfallen Keine Unfallrente fürs Opfer
19.06.2013, 12:17 UhrWenn einem auf dem Weg zur Arbeit etwas zustößt, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung. Bei Überfällen oder Vergewaltigungen bekommen die Opfer aber nicht immer Geld. Hier sind die konkreten Umstände der Tat entscheidend, stellt das Bundessozialgericht klar.

Die Unfallversicherung schützt nicht nur während der Arbeit, sondern auch auf dem Weg dorthin. Aber nicht in allen Fällen.
Nach einem Überfall auf dem Weg zur Arbeit bekommen die Opfer nicht immer eine Unfallrente. Diese scheidet aus, wenn der Überfall allein auf persönliche Motive zurückgeht, wie das Bundessozialgericht (BSG) entschied. (Az.: B 2 U 10/12 R)
Es wies damit die Klage einer Schulangestellten aus Rheinland-Pfalz ab. Sie hatte schon 1993 einen Mann kennengelernt, der dann jedoch wegen Sexualstraftaten ins Gefängnis musste. 2008 aus dem Knast entlassen, nahm der Mann über eine Internet-Plattform wieder Kontakt mit ihr auf. Die Frau lehnte eine Beziehung jedoch ab und beendete den Kontakt.
Im März 2009 verließ die Frau morgens ihr Haus und ging zur Garage, um zur Arbeit zu fahren. Dort hatte ihr der frühere Bekannte schon aufgelauert. Er fesselte die Frau und vergewaltigte sie in ihrem Auto.
Motive sind entscheidend
Laut Gesetz steht der Weg zur Arbeit wie die Arbeit selbst unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das kann auch für einen Überfall auf dem Arbeitsweg gelten. Hier allerdings lehnte die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft eine Unfallentschädigung ab. Denn die Motive der Tat hätten allein im persönlichen Bereich der Arbeitnehmerin gelegen.
Dem ist nun auch das BSG gefolgt. Prägend für den Überfall sei die persönliche Beziehung gewesen. Die Angestellte sei nicht zufällig Opfer geworden, weil sie den Weg zur Arbeit zurücklegen musste. Nach den Motiven sei vielmehr davon auszugehen, dass der Mann sie bei anderer Gelegenheit auch dann überfallen hätte, wenn sie nicht zur Arbeit hätte fahren müssen. Der Anwalt der Frau hatte argumentiert, dass sich der Mann nur auf dem Arbeitsweg an dem Opfer habe vergehen können, weil es sonst nicht allein gewesen sei. Der Vorsitzende Richter sagte, es müsse abgewogen werden, welche Ursache wesentlich sei. In diesem Fall sei es die Beziehung.
Heikle Pause vom Home-Office
Auch die Revision eines Mannes, der überfallen worden war, wiesen die Kasseler Richter zurück (Az: B 2 U 7/12 R). Der Täter hatte ihm auf dem Weg von einem Restaurant in sein Home-Office, wo er weiterarbeiten wollte, gegen den Kopf getreten und das Auto gestohlen. Der Kläger sah das als Arbeitsunfall, die Richter jedoch nicht: Zwar sei ein kurzer Weg, etwa zu einer Kantine, unfallversichert. Der Mann habe das Restaurant aber vorwiegend aus privaten Gründen aufgesucht. Damit habe er "den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung" verlassen, so das Oberlandesgericht.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa