Vertragen Sie sich noch ... Oder haben Sie schon geerbt?
11.08.2008, 10:56 UhrAls der Vater starb, hinterließ er eine Frau und drei Kinder. Und er hinterließ ihnen drei Grundstücke und Wertpapiere. Auf den ersten Blick ist in einem solchen Fall im Erbrecht alles klar geregelt: Die Mutter bekommt die Hälfte der vererbten Vermögenswerte, die Kinder je ein Sechstel. Aber das Wort "Vermögenswert" bringt auch schon das erste Problem ins Spiel: Wie hoch ist er? Und wie einigen sich die Beteiligten darauf, ihn mit Geld aufzuwiegen?
Das ist nur ein Fall, dessen Klärung sich in der Kanzlei von Erbrechtsanwalt Wolfgang Schwackenberg aus Oldenburg über mehrere Jahre hingezogen hat. Bares lässt sich mit simpler Mathematik nach Quoten auf mehrere Erben aufteilen. Aber kommen Wertpapiere und Immobilien ins Spiel, müssen die Werte erst verflüssigt werden. Der Weg dahin ist hürdenreich, beobachtet der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein: Unterschiedliche Erwartungen, Misstrauen oder langjährige Feindschaft können den Erbfall zum Spießrutenlauf machen.
Ein Haus kann man nicht zerteilen
"Zu großen Teilen liegt das daran, dass nicht jeder Nachlass "teilbar" ist", erläutert Michael Rudolf, Vorstand in der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge. Gemälde und Grundstücke zum Beispiel sind es nicht. Und gibt es keine klare, also testamentarische Regelung des Erblassers darüber, wer welche Güter bekommen soll, kommt es meist zur Teilung des Erbes per Versteigerung - zumindest dann, wenn sich die Erben uneinig sind. Und das sind sie häufig.
Das geht schon bei vermeintlich simplen Dingen los: Soll die Immobilie vermietet werden und wenn ja, an wen? "Manche erkennt man dann gar nicht wieder", sagt Klaus Michael Groll vom Deutschen Forum für Erbrecht. Diese menschlichen Probleme gedeihen auf einem harten juristischen Fundament: "In der Erbengemeinschaft gehört allen alles. Und deshalb muss einstimmig über die Verwendung des Erbes entschieden werden." Das macht vieles kompliziert, schützt aber jeden einzelnen vor Nachteilen bei der Aufteilung des Erbes. Ein Testament gibt es nur bei einem Viertel aller Erbfälle, ansonsten wird das Erbe meist auf eine Erbengemeinschaft aufgeteilt. Doch auch mit einem Testament ist nicht immer nur einer allein da.
Wenn einer nicht mitspielt
Besonders kompliziert ist die Lage, wenn Immobilien im Spiel sind, etwa wenn ein Haus verkauft werden soll: "Vielleicht muss vorher noch renoviert werden, und einer will das nicht, weil er die Investition scheut - schon gibt es ein Problem", sagt Rechtsanwalt Schwackenberg. Und ist nach langem Hick-Hack endlich alles geklärt, legt einer einen Teilungsplan vor. "Da muss dann alles haargenau drinstehen - und das ist ein unendlich kompliziertes Verfahren."
Praktisch ist dagegen die sogenannte Notgeschäftsführung, wie Groll erläutert: "Wenn es zum Beispiel ins Dach hineinregnet und das repariert werden muss, müssen alle dafür zahlen, ohne dass dafür vorher eine Abstimmung stattfinden muss." Auch eine Ausgleichszahlung ist möglich, wenn zum Beispiel einer nur sein Geld will, zwei andere aber die Immobilie halten wollen. "Dann verlässt einer die Erbengemeinschaft - das geht. Aber meist gibt es auch hier Uneinigkeit über den zugrunde zu legenden Wert, der durch drei zu teilen ist", sagt Rudolf.
Kluge Erblasser formulieren frühzeitig ein möglichst genaues Testament. "Darin ist am besten festgelegt: Jeder kriegt genau das und das", sagt Groll. "Nach mir die Sintflut" sei das schlimmste, der Wahlspruch aus dem Werbehandbuch für das Testament dagegen besser: "Rechtssicherheit schaffen, Steuern sparen, Frieden stiften."
Quelle: ntv.de