Bewerbung 2.0 Online Karriere machen
16.07.2008, 10:56 UhrNeukunden bei ihrer Karriereberatung begrüßt Svenja Hofert sehr direkt: "Sie sind Mitglied im Tennisclub Wedel und bei Attac". Dann staunen die Bewerber meist nicht schlecht, manche sind regelrecht verlegen: Woher denn die Kenntnis über ihre Mitgliedschaft in dem globalisierungskritischen Netzwerk stamme? Dabei ist die Karriereberaterin aus Hamburg nur den Weg gegangen, den auch viele Personaler einschlagen: Sie hat den Namen in Suchmaschinen eingegeben, Profile in Netzwerken studiert, in öffentlichen Foren mitgelesen und ist schnell fündig geworden. Das Internet verrät viel Persönliches, was bei der Stellensuche nicht immer von Nutzen ist.
"Gerade junge Bewerber machen sich nicht klar, dass sie für Jahre Spuren hinterlassen, wenn sie Partyfotos oder das privat gedrehte Video hochladen", sagt Hofert. Dabei gebe es schon längst Webseiten, die nichts anderes tun, als Profile sichtbar zu machen und Imagepunkte für eine positive Webpräsenz zu vergeben. Die deutschsprachige Personensuchmaschine yasni.de zum Beispiel bewertet in einem "VIP-Rank" die Glaubwürdigkeit der gefundenen Person. "Das heißt nicht, dass die Attac-Mitgliedschaft geheim gehalten werden muss, aber wer das öffentlich macht, sollte auf entsprechende Fragen im Bewerbungsgespräch vorbereitet sein."
Vorsicht beim Bewerbungsvideo
Das Suchen und Gefunden werden ist Folge des Internets zum Mitmachen: Aus dem eindimensionalen Web 1.0 ist das interaktive Web 2.0 geworden. "Die Personalrekrutierung durch Empfehlungen und Profile bringt eine ganz neue Dimension in die Jobsuche", so Svenja Hofert. Soziologie-Studenten der Universität Münster haben sich mit dem Thema Bewerbungsvideos etwas genauer befasst. Dabei sind sie zu dem Schluss gekommen, dass das Bewerbungsvideo als Ergänzung oder sogar als Ersatz für die klassische Bewerbung manchmal Sinn macht. Das gelte zum Beispiel für Stellen, bei denen es auf das persönliche Auftreten ankommt. Allerdings sollten die Kandidaten vorab einen Kurs in Rhetorik belegen. Die Projektgruppe warnt zudem vor kommerziellen Angeboten, die diese Fähigkeiten in nur zwei Stunden vermitteln wollen.
Eine andere Projektgruppe hat sich mit Bewerbungshomepages auseinandergesetzt. Kommerzielle Anbieter liefern unterschiedliche Designvorlagen für die Selbstpräsentation im Netz und verwalten auch die Domain. "Aber Vorsicht - Adressen wie www.teubener-sucht-job.de sind keine gute Referenz", warnt die Dozentin Katy Teubener.
Anbieten statt anbiedern
Über 80 Prozent aller Bewerber suchen zunächst im Internet nach Stellen - trotzdem behalten auch die klassischen Wege ihre Bedeutung. Karrieremessen, Anzeigen in Printmedien und persönliche Empfehlungen sind bei der Jobsuche immer noch sinnvoll. Bevor sich Bewerber Gedanken machen, über welches Medium sie Arbeitgeber erreichen, müssen sie sich jedoch über ihre eigenen Wünsche und Fähigkeiten im Klaren sein. Nicht suchen, was der Markt hergibt, sondern schauen, was man bieten kann - dafür sind soziale Netzwerke eine gute Schule. Schließlich muss jedes Mitglied seine Kompetenzen und sein Angebot auf den Punkt bringen: "Da gibt es noch ganz viel Optimierungsbedarf", sagt der Networking-Coach Joachim Rumohr, der für das Business-Netzwerk Xing Seminare veranstaltet.
Auch Nutzer von Netzwerken sollten auf korrekte Formen achten: "Kontaktaufnahmen ohne Anrede und Grußformeln, Mails die nicht beantwortet werden, all das nimmt zu", klagt der Marketingexperte Raik Winkelmann aus Hamburg. Viele Beiträge seien auch fehlerhaft. Dabei ist die Grundregel für 2.0 doch ganz einfach: "Geben Sie sich mit jedem auch noch so kleinen Beitrag, den Sie im Internet publizieren, Mühe - und zwar sowohl sprachlich als auch inhaltlich", betont Katy Teubener. Der Text könnte schließlich zum Traumarbeitgeber führen.
Quelle: ntv.de