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Erzwungener Auszug nach 40 Jahren? Raucher wehrt sich gegen Rauswurf

40 Jahre qualmt ein Mieter in seiner Wohnung. Dann soll er ausziehen, weil sich andere Mietparteien durch den Rauch gestört fühlen. Nun treffen sich beide Seiten vor dem Düsseldorfer Amtsgericht. Der Mieter ist sicher: Sein Rauchen ist nicht der eigentliche Grund für den Rauswurf.

Friedhelm Adolfs vor dem Eingang zu seiner Wohnung. In dem Haus gibt es viele gewerbliche Mieter.

Friedhelm Adolfs vor dem Eingang zu seiner Wohnung. In dem Haus gibt es viele gewerbliche Mieter.

(Foto: dpa)

Dürfen Mieter aus ihrer Wohnung geworfen werden, weil sie zu viel rauchen? Auf eine Antwort auf diese Frage müssen Raucher noch bis nächste Woche warten - mindestens. Dann will Tobias Rudel, Richter am Düsseldorfer Amtsgericht sein Urteil verkünden in einem Fall, der bundesweit für Aufsehen sorgt: Der 75-jährige Friedhelm Adolfs soll nach 40 Jahren aus seiner Wohnung ausziehen, weil sich andere Mietparteien durch sein Rauchen gestört fühlen.

Zunächst sah es nicht gut aus für den Mieter, der bis zum Rentenbeginn als Hausmeister tätig war und nun immer noch in seiner alten Dienstwohnung im Parterre lebt. Der Amtsrichter lehnte seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ab, weil die Klage ohnehin aussichtslos sei. Angesichts der "veränderten Beurteilung der Gefahren des Passivrauchens" sei die Kündigung gerechtfertigt. Das Landgericht Düsseldorf billigte Adolfs dann doch noch Prozesskostenhilfe zu.

Nun muss aber wieder Amtsrichter Rudel über den Fall entscheiden. Ganz wohl ist Adolfs dabei nicht: "Ich wollte den ja wegen Befangenheit ablehnen, aber meine Anwältin hat abgeraten", sagt er im Vorfeld des Prozesses. Der heutige Gerichtstermin dauerte dann auch nur wenige Minuten, in denen schnell klar war, dass sich die beiden Parteien nicht auf einen Kompromiss einigen können. Ob die Prozesskostenentscheidung und ein nachgereichter Schriftsatz der Mieter-Anwältin den Richter umgestimmt haben, ließ der Jurist nicht erkennen.

Warnungen ignoriert

Die Vermieterin will Adolfs aus dem Haus haben, weil sich Nachbarn vom Qualm der rund 20 Zigaretten täglich gestört fühlten. Der Rauch ziehe nicht über die Fenster, sondern in den Hausflur ab. Dies sei eine gesundheitsgefährdende Belästigung der anderen Hausbewohner. Eineinhalb Jahre lang habe der Mieter alle Beschwerden und Abmahnungen ignoriert, so die Anwältin der Vermieterin: "Er hatte genügend Gelegenheiten. Seine Seite hat die Geruchsbelästigungen auch gar nicht bestritten."

Adolfs weist die Vorwürfe zurück: Er habe sein Fenster ständig gekippt, sagte er vor dem Gerichtssaal. Eine Weile seien die Jalousien heruntergelassen gewesen, da habe er aber im Krankenhaus gelegen. Außerdem könne er nichts dafür, dass seine Wohnungstür undicht sei. Das Rauchen lasse er sich nicht verbieten. Lediglich ein neuer Mieter im fünften Stock habe sich beschwert. Ihm sei aber schleierhaft, wie der Rauch aus dem Erdgeschoss dort hingelangen soll.

Der Mieter vermutet einen anderen Grund für die Kündigung: Seine Miete sei ja sehr günstig. Bei einer Umwandlung in Büroraum könnte wohl deutlich mehr herausspringen. Die Vermieterin hat solche Absichten empört zurückgewiesen. Man sei sogar sehr großzügig gewesen zu dem ehemaligen Hausmeister des Gebäudes.

Adolfs will notfalls weiter klagen

Der Amtsrichter hat nun drei Möglichkeiten. Er kann die Räumung der Wohnung anordnen, die Klage abweisen oder in die Beweisaufnahme einsteigen (Az: 24 C 1355/13). Mieter Adolfs kündigte an, notfalls bis vor den Bundesgerichtshof zu ziehen. Der Prozess könne durchaus Auswirkungen auf die Rechte der Raucher haben, sagte seine Anwältin Nina Plein: "Schließlich prallen hier zwei Grundrechte aufeinander: Die persönliche Freiheit des Mieters und das Recht auf körperliche Unversehrtheit seiner Nachbarn." Wird die Justiz die Grenze neu vermessen?

Bislang gilt das Rauchen in der eigenen Wohnung als höchstrichterlich geschützte persönliche Freiheit. Der Bundesgerichtshof ließ aber 2006 und 2008 ausdrücklich offen, ob "exzessives Rauchen" als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Außerdem hatten Gerichte Nichtrauchern, die sich durch Qualm belästigt fühlten, Mietminderungen zugesprochen. Adolfs, der inzwischen zu einer Symbolfigur für viele Raucher in Deutschland geworden ist, gibt sich derweil streitlustig: "Wir machen weiter. Aufgegeben wird nicht." Kaum aus dem Gerichtsgebäude, glüht eine Zigarette auf und Adolfs nimmt einen tiefen Zug.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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