Nur vier Tarife richtig gut Rechtsschutzpolicen im Vergleich
06.01.2014, 16:00 UhrRechtsschutzversicherungen sind nicht gerade billig, Jahresprämien weit über 300 Euro sind keine Seltenheit. Es gibt aber auch Policen, die sind nicht mal halb so teuer. Aber helfen die im Ernstfall auch weiter?

Oft lassen sich Prozesse vermeiden. Gute Tarife übernehmen auch die Kosten für außergerichtliche Einigungen.
Dieter K. aus Ratingen ist der Alptraum jeder Rechtsschutzversicherung: Über 230 Mal zog der selbst ernannte "König der Kläger" in den letzten Jahren vor Gericht, meistens legte er sich mit dem für ihn zuständigen Sozialamt an. Als Grundsicherungsempfänger trägt Dieter K. nur ein geringes Prozesskostenrisiko. Wer keine Prozesskostenhilfe bekommt, muss sich hingegen sehr genau überlegen, ob er es auch einen Rechtsstreit ankommen lässt. Hier kann eine Rechtsschutzversicherung eine echte Hilfe sein – vorausgesetzt, man findet eine gute. Die Zeitschrift "Öko-Test" hat sich jetzt insgesamt 68 Tarife von 25 Rechtsschutzversicherern näher angesehen. Richtig leistungsstark waren nur vier von ihnen. Neun fielen hingegen durch, weil sie nur dürftigen Schutz bei gerichtlichen Auseinandersetzungen bieten.
Soviel vorweg: Privatpersonen brauchen nicht unbedingt eine Rechtsschutzversicherung. Nach Autounfällen bezahlt die Haftpflicht die Abwehr unberechtigter Ansprüche. Und wer vor Gericht gewinnt, geht in der Regel ohnehin ohne finanziellen Schaden aus der Sache heraus. Außer vor dem Arbeitsgericht. Dort trägt jede Partei in erster Instanz ihre Kosten selbst – egal wer gewinnt. Sinnvoll kann Rechtsschutz auch immer dann sein, wenn man zwar berechtigte Ansprüche hat, aber fürchtet, am Ende eines Rechtsstreits doch den Kürzeren zu ziehen. Das kann nach einem Unfall sein, aber auch nach einem ärztlichen Kunstfehler. Hier kommt man oft erst mit Rückendeckung der Versicherung zu einem angemessenen Schadensersatz.
Bisweilen kann durch eine Rechtsschutzversicherung ein langwieriger Streit auch von vornherein vermieden werden: Viele Versicherer seien eher bereit zu zahlen oder sich auf einen Vergleich zu einigen, wenn sie wüssten, dass der Gegner eine Rechtsschutzversicherung habe, so ein Fachanwalt gegenüber "Öko-Test".
Lieber vermitteln als prozessieren
Natürlich haben auch die Versicherungen selbst ein Interesse daran, Prozesse zu vermeiden, die für sie am Ende teuer werden können. Da wundert es nicht, dass sich das Mediationsverfahren bei Versicherern zunehmender Beliebtheit erfreut. Die Beilegung des Streits durch einen unabhängigen Schlichter ist nicht nur schneller, sondern auch günstiger als der Gang vors Gericht. Die außergerichtliche Streitschlichtung ist allerdings nicht unumstritten. Die Betroffenen sollten auf jeden Fall ihre Rechte kennen und nicht auf einen Anwalt verzichten, raten Verbraucherschützer. Eine gute Rechtsschutzversicherung sollte Kunden also nicht vor die Wahl "Mediation oder Anwalt" stellen. Von sogenannten Shuttle-Mediationen, bei denen der Mediator im Wechsel mit den Streitparteien telefoniert, rät "Öko-Test" ab. Besser sei es, wenn sich beide Gegner gegenüber sitzen.
Oft arbeiten Versicherungen auch mit Partneranwälten zusammen, mit denen sie gute Erfahrungen gemacht haben. Das muss für Kunden kein Nachteil sein. Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Rechtsschutzversicherer – in diesem Fall die HUK Coburg – ihren Kunden finanzielle Vorteile gewähren dürfen, wenn diese einen der empfohlenen Anwälte wählen. Im verhandelten Fall verzichtete die Versicherung auf eine Beitragserhöhung im Folgejahr, wenn sich die Kunden an einen Partneranwalt wandten.
Degenia gut und günstig
Das dürfte für viele Kunden interessant sein, denn die Beiträge zur Rechtsschutzversicherung sind in der Regel nicht ganz billig. "Öko-Test" hat die Tarife für Privat-, Berufs. Verkehrs- und Mietrechtsschutz für eine Familie verglichen. Am günstigsten unter den brauchbaren Tarifen war mit einigem Abstand der "Deckungskonzept Klassik"- der Degenia. Bei den Leistungen war er allerdings auch nur oberes Mittelmaß.
Mit dem "Deckungskonzept Premium" stellt die Degenia aber auch die die preiswerteste Police unter den vier Testsiegern. Gut 190 Euro waren für den umfassenden Schutz fällig. Die Rechtsschutz Union verlangte für den ebenfalls sehr guten "Top Star"-Tarif knapp 320 Euro, der "Kompakt Plus"-Tarif der Roland war mit rund 390 Euro noch teurer.
Wird der Versicherungsschutz tatsächlich einmal benötigt, müssen die Degenia-Kunden aber tiefer in die Tasche greifen. Dann werden nämlich 500 Euro Selbstbeteiligung berechnet. Bei der Konkurrenz sind es 400 bzw. 300 Euro. Bei den weniger leistungsstarken Tarifen liegt die Selbstbeteiligung oft nur bei 150 bis 250 Euro. Davon sollte man sich aber nicht leiten lasen, rät "Öko-Test". Im Zweifel sollte man lieber einen guten Tarif mit höherer Selbstbeteiligung wählen. Denn je höher das Risiko sei, desto unwichtiger werde der Eigenanteil. Die Erstberatung ist in der Regel trotz Selbstbeteiligung kostenfrei.
Sparen am falschen Ende
Um preisorientierte Kunden anzusprechen, bieten viele Versicherer auch abgespeckte Tarifvarianten an. Schutz gibt es dann nur, wenn es zu einem Gerichtsprozess kommt. Die Versicherung bezahlt aber keinen Anwalt, der den Fall außergerichtlich klärt. So wird das etwa beim "Aktiv Rechtsschutz Basis" der Arag gehandhabt, der lediglich als "Worst-Case"-Absicherung gedacht ist. 135 Euro Jahresprämie kostet die Police im Modellfall. Für rund 40 Euro mehr bietet die Arag aber auch einen umfassenden Schutz.
Wie auch immer man sich entscheidet: Man sollte aktiv werden, bevor man die Versicherung braucht. Zeichnet sich schon vor Vertragsschluss ab, dass es Ärger geben könnte, dann ist die Versicherung im Ernstfall aus dem Schneider.
Quelle: ntv.de, ino