Ballermann auf Rädern Streit um Bierbikes
13.11.2012, 18:30 Uhr
Seit einigen Jahren radeln sie nun schon durch die Innenstädte, die so genannten Bier- oder Partybikes. Aber, was des einen Freud, war des anderen Leid – der Stadt Düsseldorf zum Beispiel. Dort kam das Aus der Bierbikes zuerst. Köln zog nach. Und höchstrichterlich wurde bestätigt: Die pedalbetriebenen Biertheken sind eine verkehrsfremde Sache und benötigen daher eine Sondergenehmigung der jeweiligen Stadt. . Dieses Urteil ist nun per Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts endgültig.
Unten wird gestrampelt, oben wird getrunken und gesungen. Bierbikes heißen diese Gefährte, die seit einigen Jahren in vielen Städten unterwegs sind. Dabei sitzen bis zu 16 Leuten rund um eine Theke mit Zapfhahn herum und radeln bei Bier und Stimmungsmusik durch die Straßen.
An den Bierbikes scheiden sich die Geister. Die, die draufsitzen finden es super. Für andere aber ist es nur nervtötend. Ballermann pur auf Rädern. Das soll weg von der Straße. Noch sind die Bierbikes in manchen Städten geduldet, in Köln aber nicht mehr. Und auch nicht in Düsseldorf.
In Düsseldorf, in den Amtstuben des Ordnungsamts, nahm die Causa Bierbike dann ihren Lauf. Die Stadt Düsseldorf focht die Angelegenheit juristisch aus. Denn Bier und Fahrrad – das geht gar nicht.
Dr. Stephan Keller, Ordungsdezernent: "Passanten, Anwohner, andere Verkehrsteilnehmer, die sich behindert fühlen durch die langsame Fortbewegung, den Lärm, der davon ausgeht und wie gesagt, eine Gruppe von alkoholisierten Menschen auf solchen Fortbewegungsmitteln ist nicht unbedingt das, was ins Düsseldorfer Straßenbild passt."
Die Stadt fuhr eine strenge Linie und verlangte eine Sondernutzungsgehmigung. Ohne sie kein Bierbike. Und die wurde nicht erteilt.
Die Gegenseite fährt vor, vielmehr der deutsche Lizenzgeber. Im Hauptberuf ist Udo Klemt Rechtsanwalt und das mit Leidenschaft, sagt er. Aber weil er einen Riesenspaß an den Bierbikes hat, betreibt er nebenbei zusammen mit einem Partner das Lizenzgeschäft für Deutschland und über die Grenzen hinaus.
Udo Klemt, Rechtsanwalt u. Lizenzgeber: "Wir vermieten die Bierbikes an junge Unternehmer, die damit ihre Existenz aufbauen und dann an Endkunden weiter vermieten. Wir sind in Budapest, waren auch mal in Belgrad, sind dann nach Japan gegangen, die ganze Welt schreit nach Bierbikes."
Udo Klemt sieht die Sache natürlich völlig anders als das Ordnungsamt Düsseldorf.
Udo Klemt, Rechtsanwalt u. Lizenzgeber: "Eine Verkehrsgefährdung stellt es nicht dar. Wir haben etwa 1 Million Menschen in Deutschland in den letzten 4,5 Jahren befördert, es ist zu keinem einzigen Unfall, zu gar nichts gekommen. Hinsichtlich der Beschwerden haben wir uns in einigen Städten mal die Ordnungsamtsakten angeschaut. Als Bürger darf man sich in solchen Fällen tatsächlich mal Akteneinsicht nehmen und haben dann festgestellt, dass es so gut wie gar keine Beschwerden gibt. Über die Jahre in Köln sind 3 oder 4 Beschwerden aktenkundig geworden. Ich glaube, in jeder x-beliebigen Kneipe, jedem Kiosk in der Innenstadt gab es mehr Beschwerden."
Angefangen hat alles in Kootwijkerbroek, einem kleinen Dorf in Holland. Dort hatten die Brüder Zwier und Henk van Laar eines Abends eine Schnapsidee. In einer Kneipe, wo sonst: eine fahrbare Theke als Werbegag für den Wirt. Sie frickelten das Urmodell zusammen, damals noch mit Material vom Schrottplatz. Das Fietscafé – das Fahradcafé war geboren. Noch heute bauen die Brüder alles selbst und kommen mit der Produktion kaum nach, denn die Bikes verkaufen sich weltweit, für 18.000 € das Stück.
Henk van Laar, Erfinder des Bierbikes: "Wir haben zusammen 136 Bikes gebaut, 50 ungefähr nach Deutschland, 50 in die USA, letzte Woche 2 nach Korea, Dänemark, Hawai, Spanien."
Modell Picnicker ist nagelneu, ein Bike ohne Bierfass. Stattdessen gibt es Picknickkörbe und Teekannen. Vielleicht das Kompromissbike für Deutschland, denn dort kam die Sache vor Gericht. Der Bierbike-Betreiber aus Düsseldorf hatte gegen die Stadt geklagt.
Dr. Stephan Keller, Ordungsdezernent: "Es gibt einen Streit, ob die Benutzung dieser Bierbikes eine ganz normale Nutzung des öffentlichen Straßenraums ist oder ob es eine sogenannte Sondernutzung ist. Das war unsere Auffassung und eine Sondernutzung bedarf immer einer Genehmigung, die der Betreiber aber nicht eingeholt hat. Darüber haben wir uns gestritten und freuen uns, dass wir nun auch vor dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich recht bekommen haben."
Der Junggesellenabschied oder andere Partyanlässe mögen ja eine Sondernutzung sein und damit genehmigungspflichtig. Aber die Nutzung der Bierbikes sei inzwischen vielfältiger und gehe bis hin zum Sightseeing mit Fremdenführer, meint Anwalt Klemt.
Als Gegenstrategie haben sich die Bierbike-Betreiber inzwischen einen Kodex gegeben: Die Biermenge wird begrenzt, ebenso die Lautstärke der Musik, harte Alkoholika werden nicht geduldet, und vieles mehr. Aber die Aktenlage ist klar. Fragt sich, ob sie das endgültige Aus für die Bierbikes bedeutet.
Udo Klemt, Rechtsanwalt u. Lizenzgeber: "Manche Städte mögen das Bierbike, andere wollten es in veränderter Form haben. Nun fährt das Bierbike als Teambike, als Bike4you, als Weinbike, aber auch als Bierbike weiter dort, wo es noch geduldet oder vielleicht auch mit einer Sondernutzungserlaubnis versehen, so dass es auch in Deutschland einfach weiter geht."
Aber wohl nicht in Düsseldorf, oder?
Dr. Stephan Keller, Ordungsdezernent: "Eigentlich kann ich mir kaum eine Nutzung vorstellen, wie wir diese Dinger in der Innenstadt zulassen können."
Eigentlich …
Quelle: ntv.de