Erbschaftssteuer ist verfassungswidrig Steuerliche Freistellung wackelt
10.10.2012, 12:03 UhrDie fast vollständige steuerliche Freistellung beim Vererben von Betriebsvermögen ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs verfassungswidrig. Das Gericht bezeichnet die weitgehende steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften als verfassungswidrige Überprivilegierung.

Die Richter am Bundesfinanzhof ikritisierte unter anderem die Auffassung des damaligen Gesetzgebers, wonach der Erhalt von Betrieben beim Übergang auf einen Erben durch die Erbschaftssteuer "typischerweise gefährdet" würde.
Die fast vollständige steuerliche Freistellung beim Vererben von Betriebsvermögen ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) verfassungswidrig. Das Gericht legte das Erbschaftssteuergesetz laut einem Beschluss dem Bundesverfassungsgericht deshalb erneut zur Prüfung vor. Karlsruhe hatte das Gesetz schon einmal im November 2006 auf BFH-Vorlage für verfassungswidrig erklärt.
Laut BFH verstößt auch das seit 2009 geltende Gesetz gegen das Gleichheitsgebot: Die "weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung" beim Erben von Betriebsvermögen sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften sei eine "verfassungswidrige Überprivilegierung", die auch nicht aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden könne, heißt es in dem Beschluss.
Das Gericht kritisierte unter anderem die Auffassung des damaligen Gesetzgebers, wonach der Erhalt von Betrieben beim Übergang auf einen Erben durch die Erbschaftssteuer "typischerweise gefährdet" würde. Vor allem das Argument des Arbeitsplatzerhalts sei nicht tragfähig. Für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten gelte zwar die sogenannte "Arbeitsplatzklausel", wonach Firmenerben von der Erbschaftsteuer befreit werden, wenn sie den Betrieb zehn Jahre fortführen und die Arbeitsplätze in Deutschland erhalten. Das Gesetz erlaube aber die Umgehung dieser Klausel auf einfachste Art und Weise.
Firmeninhaber könnten laut BFH dank weiterer Schlupflöcher auch noch privates Vermögen in unbegrenzter Höhe zu Betriebsvermögen umwidmen und es steuerfrei oder nur gering versteuert ihren Erben überlassen. Zudem könnten Anteile an einer GmbH oder GmbH und Co. KG, deren Vermögen ausschließlich aus Sparanlagen und Festgeldkonten bestehen, vererbt werden, ohne dass Erbschaftsteuern bezahlt werden müssten. Auch dies verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes.
Quelle: ntv.de, AFP