Rückzahlungen vom Fiskus? Teldafax-Masse soll wachsen
08.11.2011, 14:33 UhrDie ehemaligen Teldafax-Kunden scheinen ihr Geld schon abgeschrieben zu haben - zur Gläubigerversammlung erscheinen kaum mehr als 100 von ihnen. Der Insolvenzverwalter prüft derweil Wege, das zu verteilende Vermögen zu vergrößern. Möglicherweise wird auch der Fiskus zur Kasse gebeten, der noch Stromsteuern von Teldafax kassierte, als die Pleite schon besiegelt war.
Knapp fünf Monate nach der Pleite des Energie-Billiganbieters Teldafax sind die Chancen der mehr als 700. 000 Gläubiger auf Rückzahlungen weiter ungewiss. Gesicherte Angaben zu einer möglichen Erstattung von Forderungen seien "redlicherweise" noch nicht möglich, sagte Insolvenzverwalter Biner Bähr bei der Gläubigerversammlung in Köln. An der Versammlung nahmen nur gut 100 Gläubiger teil.
Teldafax hatte am 14. Juni beim Amtsgericht Bonn Insolvenz beantragt. Gemessen an der Gläubigerzahl handelt es sich um das das größte Insolvenzverfahren der deutschen Geschichte. Die Zahl ist so hoch, weil die Teldafax-Kunden Vorauszahlungen mussten, die sie vor der Pleite nicht mehr zurückbekommen hatten. Das Troisdorfer Unternehmen war nach eigenen Angaben der größte unabhängige Energieanbieter Deutschlands, es beschäftigte zuletzt rund 600 Mitarbeiter und belieferte bis zu 750.000 Kunden.
Vermögen könnte noch steigen
Bähr bezifferte die Höhe des derzeit noch vorhandenen Teldafax-Vermögens auf 6,9 Millionen Euro. Der Insolvenzverwalter zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass er Rückforderungsansprüche gegen die "unterschiedlichsten Beteiligten" geltend machen kann und sich dadurch "am Ende des Tages" das Teldafax-Vermögen noch erhöhen werde. Er könne aber nicht sagen, ob die entsprechende Summe dann "zehn, 20 oder 100 Millionen Euro" betragen werde.
Denkbar ist, dass Bähr etliche Millionen Stromsteuern zurückfordern könnte, die das eigentlich bereits zahlungsunfähige Unternehmen dem Fiskus überwies. Dabei sollen die Behörden von der Zahlungsunfähigkeit des Billiganbieters schon lange vor dem Insolvenzantrag gewusst haben. Dem Insolvenzverwalter könnte nun ein Rückforderungsanspruch zustehen, weil durch die Steuerzahlungen das Teldafax-Vermögen und damit die Entschädigungsmöglichkeiten der Gläubiger unzulässig geschmälert wurden.
Muss Bayer nachzahlen?
Möglich ist auch, dass der Insolvenzverwalter beim Fußball-Bundesligaclub Bayer Leverkusen von Teldafax gezahlte Sponsorengelder zurückfordert. Seine entsprechenden Nachforschungen bezeichnete Bähr am Rande der Gläubigerversammlung als "entscheidungsreif" - eine mögliche Forderung an den Club soll demnächst im Gläubigerausschuss erörtert werden.
Allzu hoch dürfte die Entschädigung aber so oder so nicht ausfallen. Am Ende wird die Insolvenzmasse ins Verhältnis zu den Verbindlichkeiten gesetzt, um die so genannte Insolvenzquote zu errechnen. Diese Quote liegt nur selten bei mehr als fünf Prozent, im Fall von Teldafax dürfte sie noch weit geringer ausfallen. Wer beispielsweise noch 200 Euro bei Teldafax offen hat, käme bei einer angenommenen Quote von einem Prozent auf gerade mal zwei Euro Entschädigung.
Hübsch gemacht für Investoren
Teldafax hatte sich einst einen Namen als Billiganbieter von Strom und Gas gemacht. Das Geschäftsmodell war eine Art Schneeballsystem: Kunden konnten dank spezieller Angebote günstig Energie beziehen, mussten dafür aber Vorauszahlungen leisten. Mit dem Geld der Vorauszahlungen sollten dann ausstehende Kosten gezahlt werden können. Teldafax habe in der Vergangenheit alles daran gesetzt, um "möglichst schnell möglichst viele" Energiekunden zu gewinnen, so Bähr. Dadurch habe das Troisdorfer Unternehmen für mögliche Investoren interessant werden sollen - es sei versucht worden, mit einer hohen Kundenzahl "die Braut aufzuhübschen".
Betriebswirtschaftliche Erwägungen seien schon seit langer Zeit hinter diesem Ziel zurückgestellt worden, unterstrich der Insolvenzverwalter. Begleitet von umfangreichen Vertriebs- und Marketing-Aktivitäten habe Teldafax seinen Kunden Tarife angeboten, die "vielfach deutlich unter den Einkaufspreisen" gelegen hätten. Die Kundenzahl sei dadurch in kürzester Zeit angewachsen, ebenso aber auch die Verbindlichkeiten gegenüber Netzbetreibern, Stromlieferanten und dem Fiskus.
Der Insolvenzverwalter zeigte sich überzeugt, dass Teldafax bereits Mitte 2009 und damit zwei Jahre vor der Pleite insolvenzreif gewesen sei - somit liege bei dem Troisdorfer Unternehmen ein Fall von strafbarer Insolvenzverschleppung vor. Einem entsprechenden Verdacht geht auch die Bonner Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren gegen neun Teldafax-Verantwortliche nach.
Quelle: ntv.de, ino/AFP