Verfeindung nach dem Tod Testament schafft Klarheit
04.11.2009, 08:23 Uhr
Für Notare sind Testamente ein gefundenes Fressen, an denen viel Geld zu verdienen ist. Ein handschriftliches Testament reicht völlig aus. Nur finden sollten es die Angehörigen. Ein Bankschließfach kann da eine gute Alternative sein.
(Foto: dpa)
Je früher das Testament geschrieben wird, desto besser. Senioren fällt das oft schwer, schließlich ist der Tod der unausweichliche Abschied von geliebten Menschen und liebgewordenen Dingen. Wer sich überwindet, kann damit jedoch viel Unsicherheit und Streit verhindern.
"Es ist schwierig, ein Fazit zu ziehen: Was hinterlasse ich, wem hinterlasse ich etwas?", sagt der Diplom-Psychologe Rudolf Stroß. "Ich beziehe eine absolute, unwiederbringliche Stellung. Es geht um die Verteilung von Liebe und Wertschätzung nach dem Tod."
Der Mensch vermeide meistens jeden Gedanken an den eigenen Tod, ergänzt Ursula Lenz. "Alt sind immer nur die anderen", sagt die Pressereferentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO). Viele verleugneten die Endlichkeit des Lebens. "Ich bin noch zu jung, um an mein Testament zu denken", heißt es oft. Doch das Gegenteil ist der Fall: Der Tod betrifft alle.
Auch Staat kann erben
"Es ist erschreckend, wie viele Menschen kein Testament hinterlassen", sagt Lenz. "Damit sind viele Probleme in den Familien programmiert." Aber auch Testamente, die unklar sind oder nicht den aktuellen Vermögensstand widerspiegeln, führen oft zu Streitigkeiten. Es sei außerdem schade, dass Menschen, die keine Verwandten oder Freunde haben, ihr Geld nicht einer Stiftung oder einem gemeinnützigen Verein vererben, der dies in ihrem Sinne verwendet. Das Vermögen falle dann an den Staat.
"Es gibt so viele Fallstricke und Tücken, die der Laie gar nicht ahnt", erklärt Anton Steiner, Fachanwalt für Erbrecht. Daher sei ein Testament eigentlich immer wünschenswert, auch bei Ehepaaren ohne Kinder. Dem Anwalt zufolge ist es zum Beispiel ein Irrglaube, dass der Ehegatte alles erbt, der Rest der Familie aber leer ausgeht. Hat der Verstorbene Geschwister, gehören diese ebenfalls zur Erbengemeinschaft. Auch sie haben ein Recht auf das Vermögen des Toten.
Das Testamentschreiben hinauszuschieben, ist Stroß zufolge nichts Ungewöhnliches: "Menschen haben Angst, nicht gerecht zu sein." Schließlich könne der Letzte Wille auch zu Konflikten führen. Ältere hätten oftmals Probleme damit, Stellung zu beziehen, also entscheiden zu müssen, wer etwas bekommen soll und wer nicht. Wer sich mit seinem letzten Willen sehr schwer tut, sollte daher den Partner oder einen guten Freund um Hilfe bitten.
Testament muss findbar sein
Das Testament kann handschriftlich verfasst sein, sollte allerdings von einem Notar oder einem Fachanwalt für Erbrecht noch einmal angeschaut werden. "Verteilungstestamente führen fast immer zu großen Abwicklungsproblemen", sagt Anton Steiner. Womöglich geht das Haus an den Sohn, Kontonummer eins an die Tochter, Kontonummer zwei wurde allerdings im Testament vergessen. Bei solchen Fragen könne ein Experte helfen. Steiner rät zudem, den letzten Willen auch beim zuständigen Nachlassgericht zu hinterlegen: "Das beste Testament nützt nichts, wenn es nicht aufgefunden wird." Alle fünf bis zehn Jahre sollte es überprüft werden, schließlich können sich Familien- und Vermögensverhältnisse ändern.
Ein Testament bedeutet aber nicht nur, das Vermögen zu verteilen. Vielmehr geht es auch darum, eigene Wünsche zu formulieren. Wie soll die Todesanzeige aussehen, welche Lieder werden bei der Trauerfeier gespielt, welche Blumen sollen das Grab schmücken? All dies dürfe in der letzten Botschaft stehen. "Das Testament ist etwas, was ich gestalte", erklärt Lenz. "Außerdem tut es gut zu wissen, dass die Dinge, die mir wichtig sind, in die richtigen Hände kommen."
Angehörige enterben
Wer sich entscheidet, ein Familienmitglied zu enterben, muss das demjenigen nicht zwingend sagen. "Manchmal verändern sich die Beziehungen zu Menschen, die ich berücksichtigt habe", sagt Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen. Dann ist eine Änderung des Testaments durchaus legitim und nicht unüblich. "Warum soll ich meiner Nichte den Schmuck vererben, wenn ich weiß, dass sie ihn in Geld umsetzt?" Dann sei es doch besser, der Nichte Geld zu vermachen, den Schmuck jedoch einer lieben Freundin.
Quelle: ntv.de, dpa