Rechtzeitig regeln Und ewig schleichen die Erben
26.10.2007, 08:36 UhrBei knapp 82 Jahren liegt die statistische Lebenserwartung von Frauen in Deutschland, Männer werden mit durchschnittlich 76 Jahren nicht ganz so alt. Das heißt, dass die meisten Frauen ihre Männer überleben. Sicherheit gibt es für sie nur, wenn schon zu Lebzeiten des Gatten rechtliche Vorkehrungen getroffen werden. Ansonsten kann ein falscher Ehevertrag, eine zerstrittene Erbengemeinschaft oder ein fehlendes Testament in einem finanziellem oder familiärem Desaster enden.
Klaus Michael Groll, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht aus München, warnt vor familien- und erbrechtlichen Problemen, denen Frauen beim Erben gegenüberstehen. Etwa Dreiviertel aller Familien hätten kein Testament. Die Hinterbliebenen bilden dann eine Erbengemeinschaft. "Viele glauben, dass im Normalfall die Frau das gesamte Vermögen erbt. Das ist ein Irrtum, denn ohne Testament gehört der Nachlass allen zusammen."
Wenn die Witwe ausziehen muss
Wenn mehrere Familienmitglieder erben, haben Kinder volles Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht. Beispiel Haus: Geht das Heim nach dem Tod des Mannes an Frau und Kinder über, beantragt in vielen Fällen ein Erbe gerichtlich eine Teilungsversteigerung. Das Haus wird dann versteigert. "Der Erlös wird unter den Erben verteilt", erklärt Michael Wemmer, Fachanwalt für Erbrecht in Erfurt. Als Konsequenz müssten die Bewohner ausziehen.
Rechtsanwalt Wemmer empfiehlt, diese Konflikte durch ein Testament zu vermeiden, in dem die Frau als Alleinerbin eingesetzt wird. Die Kinder haben jedoch ein Recht auf ihren Pflichtteil. Die Frau müsse diesen auszahlen und gegebenenfalls das Haus verkaufen.
Klauseln gegen Gier
Um diese finanziellen Belastungen zu vermeiden, rät der Experte zur testamentarisch verankerten Pflichtteilsstrafklausel. Wörtlich könnte diese lauten: "Wenn ein Kind nach dem Tod des Erststerbenden gegen den Ehegatten den Pflichtteil geltend macht, dann soll das Kind beim Tod des zweiten Ehegatten nicht erben, sondern nur den Pflichtteil bekommen." Wer diese Strafklausel vermeiden will, kann vor dem Erbfall einen sogenannten Pflichtteilsverzicht notariell vereinbaren. "Dann verzichten die Kinder beim Tod eines Elternteils auf ihren Pflichtteil", so Wemmer.
Rechtlos in wilder Ehe
Während es bei verheirateten Paaren klare gesetzliche Erbregeln gibt, haben Ledige in Deutschland keine Erbansprüche, mahnt Jan Bittler von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge. Notarielle Vereinbarungen seien daher unverzichtbar.
Probleme gibt es laut den Experten auch mit Eheverträgen. "Häufig wird den Frauen gleichzeitig ein Unterhaltsverzicht im Falle einer Scheidung untergejubelt", sagt Groll. Auch würden Frauen oft auf den sogenannten Versorgungsausgleich verzichten und verlören so ihre Rentenansprüche. "Wenn Gütertrennung vereinbart wurde, also ein Verzicht auf Zugewinnausgleich, verschlechtert das auch das gesetzliche Erbrecht." Dann erbe die Frau nicht wie üblich die Hälfte des Nachlasses, sondern oft nur ein Viertel.
Quelle: ntv.de