Billige Baufinanzierung Versteckter Zins-Bluff
27.05.2008, 07:56 UhrWer Bauen will, nimmt normalerweise eine Hypothek auf. Doch mehr und mehr dringen auch Bausparkassen auf den Markt der Immobilienfinanzierung vor und locken mit Kombikrediten zu vermeintlich günstigen Zinsen. Die Mehrzahl dieser Bausparprodukte sei jedoch teuer erkauft, mahnt Jörg Sahr von der Zeitschrift "Finanztest" zur Vorsicht. Denn die angegebenen Zinsen entpuppten sich in der Regel als Augenwischerei. Auch Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg moniert, die Zinsangaben der meisten Bausparkassen hätten mit den tatsächlichen Kreditkosten nichts zu tun. "Viele Leute sehen das aber nicht." Auch Sahr meint besorgt: "Das Kombi-Modell geht weg wie warme Semmeln", obwohl es das Konto der Häuslebauer häufig stärker belaste als ein ganz normaler Bankkredit.
Grundsätzlich setzt sich der Kombikredit aus einem Bausparvertrag und dem Sofortdarlehen zusammen, mit dem die Bausparkasse die Bausparsumme vorfinanziert. Für beides werden eigene, feste Zinssätze ausgewiesen, die Laufzeit kann bis zu 30 Jahre festgezurrt werden. Beim Vorausdarlehen locken momentan günstige Sätze unter fünf Prozent, die normalerweise bis zur Zuteilung des Bausparvertrags fest sind. Für das anschließende Bauspardarlehen gibt es häufig unter vier Prozent. Bis zur Zuteilung zahlt der Kunde die Zinsen für das Vorausdarlehen sowie die Sparraten für den Bausparvertrag. Sobald der Vertrag zuteilungsreif ist, löst der Kreditnehmer den Vorauskredit mit der Bausparsumme ab. Danach zahlt er noch die Raten für das Bauspardarlehen. Die monatliche Belastung ist bei vielen Kombi-Typen so austariert, dass sie über die ganze Laufzeit gleich hoch bleibt.
Herummogeln um Gesamteffektivzins
Klingt auf den ersten Blick günstig und gut, betont Scobel. Wäre da nicht die mangelnde Transparenz: Bausparkassen sind, anders als Kreditinstitute, nicht dazu verpflichtet, einen Gesamteffektivzins auszuweisen. Die Kassen geben häufig nur den Effektivzins des Vorausdarlehens und den Effektivzins des Bauspardarlehens an, zwei Zahlen also. Die Abschlussgebühren für den Bausparvertrag bleiben ebenso wie die Sparraten außen vor - und die vermeintlichen Schnäppchen-Zinsen erscheinen konkurrenzlos günstig.
"Irreführende Zinstricks" nennt das Fachmann Sahr. Ein Beispiel: Eine Bausparkasse gibt für einen Kombikredit von 100.000 Euro mit gut 24 Jahren Laufzeit einen Effektivzins von 4,52 Prozent für das Vorausdarlehen und 3,97 Prozent für das Bauspardarlehen an. Klingt unschlagbar billig. Rechnete das Unternehmen sämtliche Kosten mit ein, läge der Effektivzins für die Gesamtlaufzeit jedoch bei 5,74 Prozent. Mit dem Herummogeln um einen Gesamteffektivzins könnten sich die Bausparkassen von den Zinssätzen herkömmlicher Bankendarlehen absetzen, gibt Sahr zu bedenken. Eine Vergleichbarkeit der Angebote sei für den Kunden nicht mehr gegeben.
Schwieriger Vergleich
Interessenten sollten in jedem Fall darauf bestehen, dass die Bausparkasse den Gesamteffektivzins ihres Produkts schriftlich vorrechnet, betont Scobel. Nur dann werde das Angebot transparent. Soll der Bausparkredit länger als 20 Jahre laufen, wird ein Vergleich ohnehin schwierig, weil die meisten Bankkredite nicht länger festzumachen sind.
Bekommt ein Interessent Wohnungsbauprämie vom Staat oder einen Förderkredit, kann sich ein Bausparvertrag eher rechnen, meint Sahr. Günstig würden Kombi-Produkte bei Kleindarlehen unter 50.000 Euro. Sonst gelte folgender Rat: Mit einem Annuitätendarlehen über mindestens 15 Jahre und die Möglichkeit von Sondertilgungen fahren Immobilienkäufer und Häuslebauer momentan in der Regel besser.
Quelle: ntv.de