Ratgeber

Berufsunfähigkeitspolicen Viele Tarife jetzt "sehr gut"

Von Isabell No

Jeder braucht sie, zu wenige haben sie: Die Berufsunfähigkeitsversicherung. Immer noch eilt ihr der Ruf voraus, sie sei nicht nur teuer, sondern auch unzuverlässig. "Wenn`s drauf ankommt, zahlt sie sowieso nicht", argumentierten bislang viele Versicherungsverweigerer. Nicht ganz zu Unrecht. Spitzfindige Vertragsklauseln und schwammige Gesundheitsfragen in der Selbstauskunft machten es den Versicherern in der Vergangenheit oft einfach, sich im Ernstfall aus der Affäre zu ziehen. Nun gibt die Stiftung Warentest Entwarnung: Billig ist die Berufsunfähigkeitsversicherung zwar immer noch nicht, dafür sind die Angebote sehr viel besser als früher. 92 Tarife haben die Tester unter die Lupe genommen. Das Augenmerk lag ausdrücklich auf Kombiversicherungen, die nicht nur bei Berufsunfähigkeit, sondern auch im Todesfall zahlen. Diese Paketlösung macht Sinn für alle, die Partner oder Familie haben, denn die Risikolebensversicherung ist preisgünstig.

Bessere Bedingungen

Das Prüfungsergebnis ist erfreulich: immerhin 26 Tarife schneiden mit "sehr gut" ab und zeichnen sich durch kundenfreundliche Versicherungsbedingungen aus. Dazu gehört beispielsweise der Verzicht auf die abstrakte Verweisung. Mit ihr können Vertragsnehmer auf andere Arbeitsfelder verwiesen werden, wenn sie ihren alten Beruf nicht mehr ausüben können. Inzwischen ist die Klausel aus den meisten Neuverträgen verschwunden. Einige Anbieter behalten sich das Verweisungsrecht vor, wenn der Kunde seinen Job innerhalb der letzten zwei Jahre gewechselt hat, manchmal auch dann, wenn der Berufswechsel nicht freiwillig erfolgte.

Ein anderes Positiv-Kriterium ist die Sechs-Monats-Prognose. Wer ein paar Wochen auf der Arbeit fehlt, ist deshalb noch nicht berufsunfähig. Manche Versicherer zahlen allerdings nur, wenn der Arzt für die nächsten drei Jahre Berufsunfähigkeit prognostiziert. Doch bei vielen Krankheitsbildern ist es gar nicht möglich, sich so lange festzulegen. So können sich beispielsweise psychische Leiden durch eine Therapie bessern, trotzdem ist der Patient während dieser Zeit auf die BU-Rente angewiesen. Eine gute Versicherung erkennt die Berufsunfähigkeit an, wenn der Arzt sie für "voraussichtlich sechs Monate" attestiert.

Solange es keine Prognose gibt, gibt es auch kein Geld. Dann beginnt die Rentenzahlung erst, wenn der Patient nach sechs Monaten immer noch nicht arbeiten kann. In solchen Fällen ist es günstig, wenn die Versicherung auch rückwirkend leistet. Bei einigen Tarifen hat der Versicherte auch dann Anspruch auf rückwirkende Leistungen, wenn er die Berufsunfähigkeit verspätet meldet. Renten werden dann bis zu drei Jahren rückwirkend gezahlt.
Oft dauert es also eine ganze Weile, bis die Berufsunfähigkeit anerkannt wird. Im schlimmsten Falll steht der Versicherte möglicherweise monatelang ohne Einkommen und Rente da, muss aber trotzdem weiter Versicherungsbeiträge bezahlen. Die meisten Anbieter räumen ein Stundungsrecht ein, bei dem sie die Beiträge bis zum Abschluss der Prüfung zinslos auslegen. Wird die Berufsunfähigkeit rückwirkend bestätigt, muss der Versicherte nichts nachzahlen.

Interessenten, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, sollten auf eine Nachversicherungsgarantie achten. Schließlich hat ein Student andere Lebenshaltungskosten als ein Familienvater. Wer nicht von vornherein eine hohe Rente vereinbart, wird die Versicherungssumme wahrscheinlich irgendwann erhöhen wollen. Normalerweise wird dann eine erneute Gesundheitsprüfung fällig. Bei einer Nachversicherungsgarantie können sich Versicherte die Prüfung sparen. Eingegrenzt wird die Nachversicherungsgarantie üblicherweise durch Fristen und Obergrenzen. Außerdem greift sie nur bei bestimmten Anlässen, z.B. Einkommenserhöhung, Geburt oder Heirat.

Ärgerlich für Altkunden

Trotz solcher Einschränkungen ist das Fazit positiv: Die Versicherungen sind heute kundenfreundlicher als früher. Ärgerlich für alle, die ihren Vertrag vor einigen Jahren zu weitaus schlechteren Bedingungen unterschrieben haben. Denn für sie gelten weiterhin die alten Tarifklauseln. Finanztest-Redakteurin Beate-Kathrin Bextermöller rät, bei der Versicherung nachzufragen, ob ein Wechsel in einen aktuelleren Tarif möglich ist. Der ist dann zwar teurer, aber auch zuverlässiger. "Gerade die abstrakte Verweisung ist in Altverträgen ein Unsicherheitsfaktor", so Bextermöller. Die Extremlösung, nämlich Kündigung und Neuabschluss, sieht sie skeptisch. Denn je älter der Kunde bei Vertragsabschluss ist, desto höher ist auch sein Beitrag.

Und billiger sind die neuen Tarife leider nicht geworden. Im Gegenteil, in manchen Berufsgruppen haben die Versicherer die Prämiern deutlich erhöht. Umso wichtiger ist es, zu vergleichen, denn die Preisunterschiede sind gewaltig. Beruhigend: Guter Schutz muss bei weitem nicht der teuerste sein. So zahlt die von Finanztest untersuchte Musterkundin, eine 30jährige Bürokauffrau, beim Testsieger Huk24 nur 549 Euro (Tarif: Premium BUZ Huk24). Anbieter, die weniger gut abgeschnitten haben, verlangen zum Teil über 1000 Euro für die Kombipolice.

So lässt sich die Prämie drücken

Etwas günstiger wird die Versicherung, wenn man auf den Todesfallschutz verzichtet. Das lohnt sich aber nur, für die Wenigsten. Noch weiter lässt sich der Beitrag drücken, wenn die Laufzeit gekürzt wird. Endet die Versicherung schon mit dem 60sten Lebensjahr, sinken die Prämien deutlich. Schließlich steigt mit dem Alter auch das Risiko der Berufsunfähigkeit. Schlägt das Schicksal in den letzten Arbeitsjahren zu, hat man allerdings Pech gehabt. Bis zum 65sten Geburtstag bleibt dann nur die Frührente, nach 1963 Geborene müssen noch zwei Jahre länger durchhalten. Tritt die Berufsunfähigkeit während der Laufzeit ein, zahlt die Versicherung bis Beginn der gesetzlichen Rente. Ganz Mutige können auch eine Leistungsbegrenzung vereinbaren. Dann endet die BU-Rente auf jeden Fall mit 60 Jahren.

Mehr Spielraum als bei der Laufzeit bleibt beim Leistungsumfang. Je höher die Rente, desto teurer die Police. Das verleitet manchen dazu, am falschen Ende zu sparen: Wer eine Kombipolice hat, begnügt sich im Schnitt mit einer Rente von 455 Euro. Wenn es drauf ankommt, ist das für die meisten zu wenig. Schließlich soll die Rente das bisherige Einkommen ersetzen. Fixe Kosten wie Miete, Hypothekenraten oder Kindergartengebühren entfallen ja nicht, wenn der Verdienst ausfällt. Hier heißt es also, großzügig zu kalkulieren. Bevor man aber gar keine Versicherung abschließt, sollte man lieber klein anfangen und die Beiträge später durch Nachversicherung oder dynamische Anpassung steigern. Denn das alte Argument "die Versicherung zahlt sowieso nicht" gilt nicht mehr.

Quelle: ntv.de

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