Ratgeber

Unfall mit teuren Folgen Warum selber zahlen sich lohnt

Wenn es kracht, zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung. Doch die Quittung kommt mit der nächsten Jahresrechnung: Der Beitrag steigt - und das oft stärker als man denkt. Denn anders, als viele glauben, geht es nicht nur um eine Schadenfreiheitsklasse nach unten.

Kratzer im Blech oder Totalschaden? Das spielt bei der Rückstufung keine Rolle.

Kratzer im Blech oder Totalschaden? Das spielt bei der Rückstufung keine Rolle.

(Foto: imago stock&people)

Männlich, zwischen 30 und 39 Jahre alt, ein Wagen mit wenigen Jahreskilometern und aus Thüringen – so müsste er aussehen, der Lieblingskunde der Kfz-Versicherer. Zumindest wenn man die Zahlen von Check24 zugrunde legt. Das Vergleichsportal hat die Angaben seiner Kunden zu Haftpflichtschäden in den vergangenen drei Jahren ausgewertet. Aus Hamburg und Berlin werden demnach die meisten Unfälle gemeldet, in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen ist die Rate um fast ein Drittel niedriger. Erstaunlich ist, was die Analyse zur Geschlechteraufteilung ergeben hat: Frauen lassen demnach über neun Prozent öfter Schäden regulieren als Männer. Haben nicht viele Versicherer extra mit Lady-Rabatten geworben, als das noch erlaubt war? Der Schlüssel dürfte in der Altersverteilung liegen. Bei den über 70-Jährigen kracht es deutlich öfter als bei jüngeren Autofahrern – und hier sind Frauen nun einmal in der Mehrheit.

Unabhängig vom Wohnort, Alter und Geschlecht wird es für Autofahrer teuer, wenn sie einen Schaden von der Versicherung übernehmen lassen. Denn wenn die Versicherung bezahlt, kommt die Quittung mit der nächsten Jahresrechnung: Die Schadensfreiheitsklasse (SF-Klasse) ändert sich und damit auch der Rabatt. Check24 hat anhand eines Beispielprofils durchgerechnet, wie stark sich eine Herabstufung bei verschiedenen Anbietern auswirken kann: Im Schnitt musste der Musterkunde 37 Prozent mehr bezahlen, im Extremfall wurde die Prämie um 67 Prozent teurer.

Bis zu 20 Stufen schlechter

Viele Kunden wissen zwar, dass sie durch eine Schadensmeldung ihren Rabatt gefährden, doch nur wenige sind sich über das Ausmaß der Herabstufung im Klaren. Bei langjährig Versicherten geht es nämlich nicht nur um eine SF-Klasse nach unten, sondern – abhängig vom Ausgangsniveau - um 2 bis 20. Das bedeutet, dass die Prämie nicht nur einmal höher ausfällt, sondern dass man viele Jahre braucht, um den früheren Rabatt wieder zu erreichen. Im Musterfall von Check24 fuhr der Kunde zunächst in SF 20 und landete bei den meisten Versicherern in SF 10, bei manchen auch in SF 7.

Wie sich diese Herabstufung auswirkt, hängt davon ab, welche Rabatte die Versicherer für welche SF-Klassen gewähren. Das ist bei den Anbietern unterschiedlich geregelt. 20 schadensfreie Jahre bedeuten beispielsweise bei der HUK24 eine Einstufung bei 27 Prozent, bei der Axa zahlt man dagegen 35 Prozent der Grundprämie. Im Basistarif der Huk24 wird der Beispielkunde nach der Schadensmeldung aus SF 20 in SF 8 zurückgestuft, das entspricht einem Beitragssatz von 39 Prozent. Um wieder beim Ursprungsrabatt anzukommen, muss er in den nächsten elf Jahren schadensfrei fahren (der Beitragssatz von 27 Prozent gilt bei der Huk24 schon ab SF 19). Berücksichtigt man dann noch, dass der Rabatt normalerweise weiter steigen würde, wird klar, warum man manche Schäden besser selbst tragen sollte.

Wie viel die Versicherung erstatten muss, spielt bei der Rückstufung keine Rolle. Eine 500- Euro-Bagatelle lässt die Prämie also genauso in die Höhe schnellen wie ein 20.000-Euro-Schaden. Bei geringeren Summen ist es langfristig oft günstiger, die Sache ohne Versicherung zu klären und die Rechnung aus eigener Tasche zu bezahlen. Ob und wann sich das lohnt, lässt sich unter anderem mit dem Rückstufungsrechner der Stiftung Warentest ermitteln. Dabei zeigt sich: Nicht nur bei Bagatellschäden ist Selbstzahlen die bessere Option. Bei einer hohen SF-Klasse und hoher Prämie fährt man als Selbstzahler auch bei Beträgen von weit über 2000 Euro besser. Wer etwa bei der Allianz in SF 25 fährt und 400 Euro für den Haftpflichtschutz ausgibt, trägt Schäden bis zu 2200 Euro lieber selbst.


Rabattschutz ist kein Rabattretter

Wer solche Posten nicht aus der Portokasse bezahlt, kann Vorsorge treffen: Viele Versicherungen bieten gegen Aufpreis einen sogenannten Rabattschutz an. Dann bezahlt die Versicherung zwar, verzichtet aber auf die Rückstufung. Erst beim zweiten Schaden in einem Jahr muss man mit Konsequenzen rechnen. Die Absicherung kostet je nach Tarif zwischen 15 und 30 Prozent extra. Hält sich der Versicherungsbeitrag trotz Rabattschutz im Rahmen, kann das durchaus sinnvoll sein. Der Haken an der Sache: Der Rabattschutz gilt nur für die jeweilige Versicherung. Bei einem Wechsel wird die SF-Klasse anhand der Vorschäden berechnet.

Praktischer ist da der Rabattretter, der sich noch in einigen älteren Verträgen findet. Wer mindestens 25 schadensfreie Jahre vorweisen kann, rutscht bei einem Schaden zwar in eine andere SF-Klasse, die Prämie bleibt aber gleich. Wechseln ist damit kein Problem – allerdings sollte man sich gut überlegen, ob man das überhaupt will. Denn der kundenfreundliche Rabattretter stirbt aus, in neuen Tarifen wird er nicht mehr angeboten.

Quelle: ntv.de

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