Zaghaft, aber gut durchdacht Wenn Frauen gründen
25.03.2008, 14:05 UhrDer Anteil von Frauen unter den Firmengründern in Deutschland steigt. Mittlerweile werden mehr als 30 Prozent der neuen Firmen von Grünnderinnen ins Leben gerufen, Tendenz steigend. Soziale und psychologische Faktoren spielen dabei nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Rolle: Frauen gründen anders als Männer.
Ilka Bickmann von der Bundesweiten Gründerinnenagentur (bga) kennt sich damit aus. Das Gemeinschaftsprojekt der Bundesministerien für Wirtschaft, für Forschung sowie für Familie unterstützt und begleitet gezielt Frauen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit. Nach wie vor leben Frauen in Rahmenstrukturen und mit Rollenbildern, die ihnen eher eine berufliche Existenz als Angestellte nahelegen. Das führe dazu, dass Frauen im Vergleich zu Männern weniger oft eigenverantwortlich arbeiten wollten, beobachtet Bickmann (bga). Doch das kippe gerade: „Frauen entwickeln neue Identitäten und boxen sich da oft alleine durch.
Das hängt nicht zuletzt auch mit der Arbeitsmarktsituation zusammen, in der die meisten immer weniger auf die Sicherheit einer festen Stelle setzen können, sagt Claudia Szczezes vom Arbeitsministerium Brandenburg, das eine ausführliche Handreichung für Existenzgründerinnen herausgegeben hat. Die Selbständigkeit ist oft eine Möglichkeit, die berufliche Existenz zu sichern, wenn anderes wegbricht.
Zu wenig fordernd
Doch auch in anderer Hinsicht müssen Frauen mehr lernen, wenn sie mit den Männern gleichziehen wollen. „Frauen präsentieren sich oft nicht richtig, berichtet Bickmann, „ihnen fehlt es oft an dem nötigen Selbstbewusstsein. Diese Beobachtung wird auch durch den KfW-Gründungsmonitor 2005 bestätigt, der erstmals das Gründungsverhalten von Frauen unter die Lupe genommen hatte. Das Ergebnis: Trotz einer ähnlichen Ausbildung stuften sich Frauen in ihren fachlichen und persönlichen Fähigkeiten deutlich schwächer ein als die Männer. Selbstbewusstsein ist aber wichtig, nicht zuletzt in Verhandlungen mit Banken über einen Kredit für die Existenzgründung.
Auch Werner Arndt vom Münchener Business Plan Wettbewerb und Mitgestalter des Female Entrepreneur Kongresses in München kennt das Problem. Von Kapitalgebern Banken, Sparkassen und auch Business Angels erfährt er immer wieder, dass Frauen zu wenig fordernd auftreten: „Da entsteht der Eindruck, die Frauen gehen schon von vornherein davon aus, dass sie schlechte Karten haben. Sie blockieren sich damit selbst. Der Rat von Arndt: Frauen sollten sich stärker in Netzwerke begeben und sich miteinander austauschen. „Eigentlich gelten sie als diejenigen, die besser kommunizieren, sagt er. „Aber sie neigen auch dazu, stärker zu grübeln und in sich zu gehen, wenn sie sich in ihrer Unternehmensgründung unsicher fühlen.
Weniger Eigenkapital, weniger Sicherheit
Dass die Banken bei der Kreditvergabe an Frauen eher zurückhaltend sind, liegt auch daran, dass ein relativ großer Teil von ihnen um Darlehen von weniger als 4000 Euro anfragt. Für Kreditgeber zu aufwendig, zu teuer, zu wenig rentabel. Hinzu kommt, dass die meisten ihrer Unternehmensausgründungen im Dienstleistungssektor erfolgen, in dem die Banken weniger Wachstumschancen sehen als in anderen Bereichen. Frauen machen sich wesentlich häufiger als Männer als Designerinnen, Altenpflegerinnen, Kosmetikerin oder mit einem Coffee-Shop selbständig.
Trotz dieses geringen Finanzierungsvolumens sind die meisten Frauen auf ein Darlehen angewiesen. Denn nach wie vor verdienen sie in ihren Berufen weniger als Männer und können auch durch die Auszeiten, die sie sich für die Betreuung ihrer Kinder nehmen, weniger Geld zurück legen. So bringen sie für einen Kredit weniger Eigenkapital und weniger Sicherheiten mit.
Seltener in Insolvenz
Zugleich aber machen die Kreditgeber die Erfahrung, dass ihr Geld bei den Frauen in guten Händen ist. Die Studie der KfW stellt fest: Frauen gründen risikobewusster und verantwortungsvoller als Männer. „Wenn Frauen ein Unternehmen aufbauen, dann steht alles auf sicheren Beinen, berichtet auch Arndt. „ Männer dagegen gehen gern mal ein Risiko ein, auch dann, wenn die Kasse leer ist.
Das erfreuliche Resultat dieser risikobewussten Herangehensweise der Frauen: Im Vergleich zu Unternehmen männlicher Gründer endeten Firmengründungen von Frauen sehr viel seltener in der Insolvenz, wie die bga feststellte. „Ihre Unternehmen halten sich", so Bickmann.
Allerdings müssen die Frauen außerhalb des Dienstleistungssektors aufholen. „Was fehlt, sind Gründungen von Frauen in der Technik und im Handwerk , so Szczezes. Dies ist vielfach bereits in Schul- und Studienentscheidungen angelegt, schließlich sind in diesen Bereichen Frauen nach wie vor in entsprechenden Bereichen deutlich unterrepräsentiert. Typisch auch: „Frauen gründen in der Regel kleine Unternehmen mit keinen oder nur sehr wenigen Angestellten, so Bickmann. Dennoch sollte man diesen Wirtschaftsfaktor nicht unterschätzen. Nach Angaben der bga erwirtschaften Frauenausgründungen inzwischen einen Jahresumsatz von rund 230 Milliarden Euro und sichern 1,9 Millionen Arbeitsplätze. „Das Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft, meint Bickmann.
Gründen in Teilzeit
Ein Großteil der Unternehmensgründungen von Frauen, nämlich jede dritte, erfolgt in deren Lebensmitte, nämlich im Alter zwischen 45 und 54 Jahren. Unter Männern wagen lediglich 17 Prozent in diesem Lebensabschnitt noch diesen Schritt, stellt die bga fest. Viele Frauen warten mit diesem Schritt, bis ihre Kinder selbständig geworden sind. Ihre Risikoscheu spielt auch hier eine wichtige Rolle. „Sie wägen eine solche Entscheidung viel länger ab als Männer, beobachtet Claudia Szczezes . „Sie wollen sicher sein, dass es auch wirklich funktioniert. Und in diesem Alter haben viele von ihnen die Lebenserfahrung gesammelt, die ihnen die Sicherheit dafür gibt.
Frauen warten aber nicht immer erst ab, bis die Kinder in der Schule oder sogar aus dem Haus sind. Immerhin 62 Prozent probieren es mit einer Gründung in Teilzeit, wie die Studie der KfW zeigt, weitaus mehr, als Männer. „So können sie auch erst einmal ausprobieren, wie ihre Unternehmensidee auf dem Markt ankommt, sagt Claudia, die Ähnliches beobachtet. Das Teilzeitmodell bietet sich nicht nur für Mütter an, sondern ist auch ein typischer Start für Arbeitslose oder so genannte „Aufstockerinnen, also Frauen, die sich neben ihrem regulären Job Stück für Stück in die Selbständigkeit wagen. „Aber das lässt sich nicht dauerhaft so durchhalten, berichtet Bickmann. „Um ein Unternehmen erfolgreich zu etablieren, muss man sich voll einsetzen." Die Gründung in Teilzeit funktioniere oft nur über einen gewissen Zeitraum.
Ohne Familienmanagement gehts nicht
Noch immer ist es so, dass Frauen in ihrer Berufstätigkeit ihre Familie sehr viel selbstverständlicher einplanen als ihre Männer. „Wenn Männer ein Unternehmen gründen wollen, machen sie es einfach, sagt Szczezes. „Ihre Frauen ziehen mit, das wissen sie, darauf können sie sich verlassen. Und jeder Selbständige weiß: Es klappt auch nur mit einem starken Partner. Umgekehrt wissen nicht alle Frauen, ob ihr Mann ihnen den Rücken freihält. Sie fühlen sich verantwortlich dafür, dass der Familienalltag nicht unter ihrer Selbständigkeit leidet. Zur erfolgreichen Unternehmensgründung brauchen sie also neben der Marktanalyse also auch ein funktionierendes Familienmanagement.
Übrigens spielen Frauen nicht nur als Unternehmensgründerinnen eine immer wichtigere Rolle in der deutschen Wirtschaft, weiß Bickmann. Zunehmend rücken sie auch als Nachfolgerinnen ausscheidender Unternehmensgründer ins Blickfeld. Hatten die bislang oft nur auf ihre männlichen Erben gesetzt, entschieden sie sich immer häufiger für Frauen, auch außerhalb der eigenen Familie. „ Hier liegt großes volkswirtschaftliches Potential, so Bickmann. Gemeinsam haben diese Frauen - ob als Existengründerinnen oder als Nachfolgerinnen - jedenfalls eines: Sie wollen gestalten und ihr eigener Chef sein.
Quelle: ntv.de